Solarhochhäuser in Zürich

Sanierung mit umlaufender PV-Fassade

In Zürich konnte durch die Sanierung zweier 60 m hoher Gebäude demonstriert werden, welche Vorteile Solarfassaden im Bereich der Gebäudeintegrierten Photovoltaik (BIPV) bieten. Mit dem Fassadenprojekt „Sihlweid“ ist es gelungen, die derzeit größte umlaufende PV-Dünnschicht-Fassade weltweit zu realisieren.

Eine neue Fassade als Schutz für das sanierte Gebäude und eine kostengünstige Strom­produktion durch das Gebäude waren zwei wichtige Ziele beim Umbau von zwei 60 m hohen Ge­bäuden in Zürich. Hauptinitia­toren des Hochhaus-Projektes sind das Genossenschaftsmitglied der BGZ, die Elektrofirma Kälin + Müller AG, die Solarcenter Muntwyler AG, die Architekten Haas Harder Partner AG und der Solarmodulhersteller Sharp Energy Solution Europe.

„Wir wussten schnell, dass wir es schaffen können, die ‚2000 Watt-Regel‘ zu berücksichtigen, die eine Stromproduktion von ca. 50 MWh/a bedingt“, berichtet Stefan Kälin von der Kälin + Müller AG. „Unsere statischen und dynamischen Tests zur Prüfung der mechanischen Festigkeit aufgrund der hohen Windlast an der Spitze des Hochhauses ergaben, dass eine umlaufende Solarfassade, d.h. verteilt auf alle vier Hausseiten, die beste Lösung für unser Vorhaben war. Die Entscheidung zur Solaranlage von Sharp war dann schnell gefällt. Vergleichbare Schweizer Module waren teurer und weniger leistungsfähig als die Sharp-Produkte“, beschreibt Michael Winkler, PV-Ingenieur der Solarcenter Muntwyler AG.

In Absprache mit dem Wechselrichterhersteller Fronius sind die Wechselrichter auf der Nordseite des Gebäudes stärker überdimensioniert. So sind hier mehr Module angeschlossen als an den übrigen Gebäudeseiten. In Prozentangaben kann man etwa sagen, dass die Nordseite mit 32,65 % der Module belegt worden ist (Verteilung auf sechs Wechselrichter), die Ostseite wurde mit etwa 18,39 % der Module belegt (Verteilung auf fünf Wechselrichter) und auf die West- und Südseite fallen ca. 24,49 % der Module (Verteilung auf je sechs Wechselrichter).

Dass die Nordseite, trotz geringerer solarer Einstrahlung, großzügig mit PV-Elementen ausgestattet wurde, argumentiert Michael Winkler so: „Der Kostenpunkt spielt schon eine Rolle. Auch bei einem solch’ großen Projekt. Die Solarmodule sind in den letzten Jahren mit den Preisen drastisch nach unten gegangen. Daher war es kaum teurer als Fassade Module zu verwenden. Durch die Solarmodule wird dann ebenfalls noch Strom erzeugt. Die Nordseite wurde sehr stark überdimensioniert, da auf dieser Seite weniger Sonneneinstrahlung vorhanden ist. Aus diesem Grunde wurden auf der Nordseite mehr Module je Wechselrichter verbaut, als auf den anderen Seiten.“

 

Hochschulprojekt mit Bachelorarbeiten

Im Rahmen ihrer Bacherlorarbeiten unter Prof. Urs Muntwyler erarbeiteten vier Studierende der Berner Fachhochschule Technik und Informatik die Fassadenbelegung mit den Solarmodulen samt Kalkulation aller elektrischen und wirtschaftlichen Aspekte. Die Aufgabe für die vier Elektrotechnikstudenten beinhaltete in zweier Teams die Durchführung von Beschattungsmessungen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen und die Erstellung der Ausführungspläne für die Verkabelung für je eines der Gebäude.



Starke Produkte mit starker Leistung

Die Installation der Solarfassade des ersten Hauses begann im Sommer 2011 und wurde Ende des Jahres abgeschlossen. Pro Woche wurde in etwa eine komplette Etage saniert. Die Bebauung des zweiten Gebäudes „Leimbachstraße 215“ folgt derzeit.

Beim bereits realisierten Hochhaus „Sihl­weidstrasse 1“ wurden 882 mikroamorphe Tandemmodule von Sharp des Typs „NA 128“ mit einer Nennleistung von über 112 kWp verbaut. „Der gute Temperaturkoeffizient und speziell der neu designte Aluminiumrahmen bieten sich für den Langzeiteinsatz an und garantieren eine einfache und sichere Montage“, erklärt Bernd Schwartz, Produktmanager bei Sharp Solar. „Hinzu kommt, dass die Kosten pro Quadratmeter bei Dünnschicht-Solarmodulen niedriger sind als bei anderen Solarmodultypen. Dies ist die positive Umkehrung des niedrigeren Wirkungsgrades beispielsweise gegenüber kristallinen Fassaden“, ergänzt Bernd Schwartz. Für die Installation wurde ein neues Fas­sadensystem entwickelt, das durch die Firma Ernst Schweizer AG realisiert wurde. Der Metallbauer entwarf eine spezielle Konstruktion, in die jedes Modul einzeln eingefasst werden konnte. Ein weiterer Partner dieses Projektes ist das Architektenbüro Harder Haas Partner AG, das die Sanierung von Beginn an geplant und begleitet hat.

 

Erste Betriebserfahrungen

Die komplette PV-Anlage des ersten Gebäudes arbeitet seit Februar 2012. Die Erträge der 23 Wechselrichter werden mittels Datalogger an die Fronius-Webseite gesen­det und können von dort ausgelesen werden. Bis Mitte Juli 2012 wurden 26,511 MWh produziert. Dabei wurden nach Monaten gestaffelt folgende Erträge erzielt: März: 5800 kWh, April: 4200 kWh, Mai: 5900 kWh und Juni: 5000 kWh.

An einem sonnigen Julitag verteilt sich der Mittagsproduktions-„Peak“ auf zwei Produktionsmaxima am späten Vormittag und frühen Nachmittag. Die weitere Produktionsanalyse wird daher sehr interessant werden. Dabei gehen die Projektbeteiligten davon aus, dass das Ziel von 50 MWh erzeugtem Solarstrom bereits im ersten Jahr erreicht werden kann.


Fazit

Das besondere Erfolgsrezept des Vorhabens lag in der guten Zusammenarbeit aller beteiligten Parteien. „Die Motivation und Erfahrung aller und die heraus­fordernde Arbeit an einem so speziellen Objekt, habe das Projekt zu einem echten ‚Leucht­turm-Projekt‘ gemacht“, kommentiert Michael Winkler abschließend.

Zielsetzung

„2000 Watt Gesellschaft“

Die Installation von Solarfassaden an den baufälligen Hochhäusern unterlag einer Zürcher Initiative, mit dem Ziel der Erreichung der „2000 Watt Gesellschaft“. Nach der Vision dieses energiepolitischen Modells soll der Energiebedarf eines jeden Erdenbewohners einer durchschnittlichen Leistung von 2000 W entsprechen. In der Schweiz wurde dieser Wert zuletzt 1960 gemessen, mittlerweile liegt der Wert durchschnittlich bei 5000 bis 6000 W. Die „2000 Watt Regel“ beschreibt gleichzeitig eine gesellschaftliche Vorgabe für den „Gebäudebau der Zukunft“ der Stadt Zürich und war somit auch das Hauptziel des Sanierungsprojektes der gewerblichen Baugenossenschaft Zurlinden (BGZ).

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