CE-zertifizierte Folien ohne (Angaben zur) Alterungsbegrenzung(?)

Verbindung von Sonnenfinsternis und Hallenstandsicherheit

Einflussvorgegebene Alterungsprozesse sollten auch außerhalb des Einsturzszenarios eines Eishallendaches, wie das Beispiel von Bad Reichenhall im Jahr 2006 zeigte, betrachtet werden. Eine unerwartete Parallele zeigt sich zwischen einem aus Leimbindern bestehenden Hallendach und einer Sonnenfinsternis taugli­chen Brille. Das Stichwort lautet Alterung und wird sowohl bei speziellen Sonnenbrillen, wie auch bei Materialstrukturen von (Hal­len und) Gebäuden bislang (kaum oder) zu wenig beachtet.

Rund um die Sonnenfinsternis vom 20. März 2015 waren Sonnen-Sicht-Brillen gefragt. Warum also nicht einfach die von der letzten „SoFi“ 1999 nutzen. Der Sonnenschutzfaktor für den Augenschutz u.a. entscheidende Informationen werden, so kann doch von einem Optiker-Produkt vermutet werden, schon hinweisreich Aufschlüsse zur millionenfachen Benutzung in der auf die Brille gedruckten Anleitung enthalten. Hierzu der entscheidende Text in Abschrift: „Sonnen-Sicht-Brille – Lunet­tes Solaires für den sichtbaren Blick in die Sonne“, lautet die seit­liche Werbeaufschrift auf den äußeren Brillenbügel. Innen links steht: „Zu Ihrer Sicherheit: Diese Sonnen-Sicht-Brille wurde von neutralen Sachverständigen gemäß den gültigen EU-Normen als sicher für den direkten Blick in die Sonne freigegeben.“ Dazu ist die Brille mit CE-Symbol ausgezeichnet. „Niemals ohne Sonnen-Sicht-Brille in die Sonne blicken, auch wenn nur ein kleiner Teil der Sonne zu sehen ist. Sie gefährden Ihr Augenlicht! Prüfen Sie vor jedem Gebrauch beide Filter auf Kratzer, Löcher, Risse am Übergang Filterfolie/Pappe oder sonstige Beschädi­gungen. Beschädigte Brillen dürfen auf keinen Fall verwendet und müssen sofort unbrauchbar gemacht und entsorgt werden ... Die Sonnen-Sicht-Brille ist kein Spielzeug. Bitte klären Sie Ihre Kinder auf!“ In der Mitte der Innenseite ist eine CE-Zertifizierung in vier Sprachen aufgeführt mit der Nr. 67305-PTB-98 DIN CERTCO mit einer notified-body-0196-Angabe. Und in vier Sprachen der Hinweis: „Bitte lesen Sie vor der Benutzung nebenstehende Hinweise!“ Auf der rechten voll bedruckten Innenseite des Bügels stehen neben Hersteller und Vertriebsadressen mit Telefon- und Faxangaben: „Bitte beachten: Nicht verwenden bei Höhensonnen, Schweißgeräten, Laser- und UV- Strahlern o.ä. und auch nicht mit Fernglas oder Fotoapparat, da sich die Objektive nicht abdecken lassen. Zum Bau geeigneter Objektivfilter gibt es die ... Sonnenfilterfolie (20 x 30 cm, mit Bauanleitung).“

Dem Leserbrief-Schreiber stellen sich folgende Fragen: Gehören Alterungsprozesse nicht seit eh und je zur sich bewegenden Materie? Und dies doch überall im All-Weltall? Inbegriffen aller Himmels- und Flugkörper. Demnach auch auf unserer Erdkugel.

Gedankensprung: Wieso erhalten Lebensmittel ein vorgeschriebenes Haltbarkeitsdatum, jedoch CE-zertifizierte Brillen zur Beobachtung von einer jeweiligen Sonnenfinsternis nicht. Ist diese Folie bis zur übernächsten totalen Finsternis laut Beachtung oben genannter Hinweise auch bei UV-Licht ausgesetzter Lage­rung gar allen Einflüssen widerstandsfähig? Besitzt dieses Folienmaterial keine Kohlen-Wasserstoff-Verbindungen? Aus was besteht sie denn? Fragen über Fragen, die sich auch beim Sonderfall-Reichenhall nicht ohne Weiteres beantworten lassen.

Zur Erinnerung: Eissporthalle in Bad Reichenhall

Die von 1973 bis 1977 nur unbedeutend (geringfügig & teilweise) dem Streulicht der Sonnenstrahlung und danach bis 2006 der hallenumschlossene Deckenkonstruktion sogar keiner UV-Strahlung ausgesetzt war, konnte das Schadenspotential der folienvergleichbar dünnen Leimschicht zwischen zwei Holzflächen durch andere Einflüsse, eben hauptsächlich von Luftströmungen zur Kühlstellenbildung und somit der Erhöhung der Holzmaterialfeuchte sowie andererseits über Lufttransporte (Chlorgas, Wasserdampf u.a.) eben direkt auch durch saure Kondensatbildungen vergrößern. Das hierbei jeweilige entstandene Potential war bis zum Hallendacheinsturz stets nur die Momentaufnahme einer fortschreitenden Summenbildung aller Vorschädigungen. Hierbei handelt es sich um ca. 80 g Kunststoffmasse auf einem Quadratmeter (gefüllten Spalt) die den Einwirkungen von minimalen biologischen, vielmehr chemischen und physikalischen Prozessen ausgesetzt waren. Bis zur Leim-Kunststoff-Würfelbildung bedurfte es drei Jahrzehnte, konkret in der begünstigten Hallengeometrie mit einem Dachventilatorenbetrieb 29 Jahre. Die Schuldfrage nach dem Stand der Wissenschaft und Technik bezogen gestellt, würden die Turbowirkungen in der frühzeitigen Alterung realistisch erscheinen lassen und eine echte kontrollierte Alterungskontrolle zu lassen. Die am 30. April 2008 im Gerichtssaal Traunstein gestellte Frage, ob denn Chloreinwirkungen eine mögliche Einsturzursache mit herbei führen konnte, wurde vom Sprecher der fünf Holzgutachter mit dem Satz: Das können wir uns nicht vorstellen, beantwortet. Dabei erhielten diese Gutachter eine Woche zuvor die ersten zwei tab-Fachbeiträge über mögliche Einsturzursachen. Des Gleichen wird es beim DIN-Normenausschuss in absehbarer Zeit auch kein Bemühen geben können. Diese Aussage erhielt ich erst kürzlich von einem, der nach seinen fernmündlichen Aussagen 30 DIN-Normenausschüsse unter sich hat. Bestätigt sich die Annahme, dass die lichtdurchlässige Beobachtungsfolie aus chemischen Kohlenwasserstoffverbindungen besteht, dann wirkt unaufhaltsam der alterungsbedingte Polymerkettenverfall. Doch wer und wie untersucht wann die Schutzwirkung der Brille?

Abschlussbemerkungen

Wenn der Mensch schon seine körpereigenen Alterungsprozesse ignoriert, dann sollte er wenigstens die in seiner Umwelt ernsthaft wahrnehmen. In der Vielzahl seiner Wichtigkeiten nimmt er das Wesentliche offensichtlich nicht mehr für das wahr, was es ist. Gefahren für seine Gesundheit, ja sogar für sein eigenes Leben ignoriert er. Nach Fehlschlägen, Katastrophen und Szenarien sucht er vordergründig erst nach dem Schuldigen und dann nach schneller Abhilfe. Komplexe Zusammenhänge werden selten in interdisziplinärem Bewusstsein verdeutlicht. Stattdessen werden Fehler nach ihren erkennbaren Symptomen umsatzträchtig korrigiert und somit Fehlerkorrekturverkettungen bedeutsam. Und dies regelrecht zu Lasten der Ursachenforschung; ein Teufelskreis, den es zu liquidieren gilt.

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