Zulässige Toleranzen bei den Baukosten
Im Rahmen eines Architektenvertrags wird eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Baukosten getroffen. Werden die ermittelten Kosten überschritten, stellt sich die Frage, ob es zu einer Haftung unter dem Gesichtspunkt der Baukostenüberschreitung kommt. Genau mit dieser Frage musste sich der BGH in seinem Beschluss vom 04.08.2021 (Az.: VII ZR 166/20) auseinandersetzen.
Sachverhalt
Der Kläger (Auftraggeber) beauftragte den Beklagten (Auftragnehmer/Architekt) mit Planungsleistungen zur Errichtung eines Gebäudes. Nach Abschluss des Bauprojekts verklagt der Kläger den Beklagten. Er macht geltend, er habe den Beklagten bereits im Rahmen des ersten Gesprächs auf ein unbedingt zu beachtendes Kostenlimit hingewiesen. Letztlich seien deutlich höhere Herstellungskosten (rund 394.000,00 € anstatt 340.000,00 €) angefallen. In der Differenz dieser Beträge läge ein vom Beklagten zu erstattender Schaden.
Entscheidung
Das OLG Hamm hat Ansprüche des Klägers abgelehnt
(Beschluss vom 17.09.2020, Az.: 17 U 75/19). Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers mit Beschluss vom 04.08.2021 (Az.: VII ZR 166/20) zurückgewiesen.
Zur Begründung der Entscheidungen haben die Gerichte festgehalten, die Haftung eines Architekten wegen Überschreitung der Baukosten käme in Betracht, wenn der Architekt die Kostenermittlung mangelhaft ausgeführt habe und der ihm dabei zustehende Toleranzrahmen überschritten sei.
Hierbei sei zu beachten, dass die dem Architekten zu gewährende Toleranzgrenze nicht mit einem festen Prozentsatz angegeben werden könne. Maßgeblich sei, um welche Kostenermittlung es sich handele. In Abhängigkeit vom Genauigkeitsgrad der Kostenermittlung verringere sich auch die Toleranz. Im Rahmen einer Kostenschätzung werde einem Architekten regelmäßig eine Toleranz von 30 % bis 40 % einzuräumen sein, im Rahmen einer Kostenrechnung von 20 % bis 25 % und im Rahmen eines Kostenanschlags von 10 % bis 15 %.
Praxishinweis
Es ist dringend zu beachten, dass es sich bei der Zubilligung von Toleranzen bei vereinbarten Baukosten um eine absolute Ausnahme handelt. Die zuvor dargestellten Prozent-Werte sind nicht starr, sondern stehen im Ermessen des jeweils entscheidenden Gerichts. Insbesondere sind sie nicht gesetzlich verankert.
Die Haftung eines Architekten/Planers kommt allerdings lediglich dann in Betracht, wenn er die Kostenermittlung mangelhaft ausgeführt hat.
Info
Schlünder Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
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