Zur gesplitteten Abwassergebühr

Von den 1101 Gemeinden in Baden-Württemberg haben laut Statistischem Landesamt bisher nur 27 die gesplittete Gebühr eingeführt. Bräunlingen wird unfreiwillig eine der nächsten sein. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat am 11. März 2010 verkündet, dass der Widerspruch eines Abwasser-Gebührenzahlers gegen den Bescheid der Stadt Bräunlingen zu Recht erfolgt ist. Er hatte anstelle des bisherigen Trinkwassergebührenmaßstabes die gesplittete Gebühr eingefordert, um die Kommune zu zwingen, Regenwasserableitung im öffentlichen Kanal verursachergerecht zu finanzieren. Die Höhe der jährlichen Gebühr pro m2 an den Kanal angeschlossener Fläche ist noch zu ermitteln.

Voraussichtlich wird das im Schwarzwald gelegene Bräunlingen zwischen den Extremen Berlin (1,90 €/m2) und Eichstätt/Bayern (0,29 €/ m2) liegen. Nach dem Kommunalabgabengesetz müssen diese Beträge dem tatsächlichen Aufwand für Regenwasserableitung in der Kommune entsprechen. Willi Hennebrüder vom Arbeitskreis Wasser im BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) stellt fest: „Neben den Grundsatzurteilen von NRW und Hessen gibt es nun mit Baden-Württemberg das dritte Bundesland, das erkannt hat, dass eine Berechnung von Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung auf Basis des Trinkwasserverbrauchs nicht mehr haltbar ist. Damit dürfte die bundesweite Einführung der gesplitteten Abwassergebühr erreicht sein. Es ist kaum vorstellbar, dass Gerichte in anderen Bundesländern noch zu einer anderen Rechtsauffassung kommen.“

Seit Jahren empfiehlt der BUND seinen Mitgliedern, in ihren Kommunen dafür einzutreten und notfalls vor Gericht zu ziehen. Dem Verband geht es dabei nicht um die Finanzen seiner Mitglieder, sondern um das Wohl der Umwelt. Vor allem der natürliche Wasserhaushalt profitiert, wenn in der Fläche, also vor Ort auf jedem Grundstück, Regenwasser dezentral in Zisternen genutzt, über Gründächer verdunstet oder in bewachsenen Mulden versickert wird. Damit lässt sich die Regenwassergebühr ganz oder teilweise einsparen, aber auch der natürliche Wasserhaushalt im Siedlungsgebiet stärken. Dezentral in Kommunen das Regenwasser zu „bewirtschaften“ und es so von der unterirdischen Kanalisation fernzuhalten, ist auch eine der zentralen Forderungen im neuen Wasserhaushaltsgesetz. Laut § 55 Absatz 2 soll es seit 1. März 2010 eine Vermischung von Regenwasser mit Schmutzwasser nicht mehr geben.

Darüber hinaus fordert das bundesweit gültige Gesetz in § 6 Absatz 1 neuerdings als Hochwasserschutz den Rückhalt des Regenwassers in der Fläche – was nichts Anderes heißt, als auf jedem Grundstück das auftreffende Regenwasser zu verwerten.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 02/2015

Regenwasser in der Industrie

Sparpotentiale bei Ressourcen, Energie und Betriebskosten

Mittlerweile kostet das Ableiten von Regenwasser richtig viel Geld. Und je größer der Betrieb, desto mehr. Das ist auch bei Emil Frei Lacke im Schwarzwald so. „Selbst wenn das Ableiten kostenlos...

mehr
Ausgabe 05/2013

Anforderungen an das Abwasser

Substratfilter reinigt Niederschlagswasser

Regenwasser wird immer mehr zum Kostenfaktor. Früher war der Anschluss der Re­gen­wasserleitung an den Kanal der Kommune vorgeschrieben und ohne zusätzliche Kosten möglich. Heute gilt das...

mehr
Ausgabe 10/2021

Tarifeinigung in Baden-Württemberg

Der Industrieverband Technische Gebäudeausrüstung Baden-Württemberg e.V. (ITGA BW) und die IG Metall Baden-Württemberg haben sich darauf geeinigt, die Löhne und Gehälter zu erhöhen: Für die...

mehr
Ausgabe 04/2024

Innovative Regenwassernutzung

Konzept zur vor-Ort-Nutzung

Niederschläge so zu bewirtschaften, dass möglichst natürliche Verhältnisse beim Verdunsten, der Grundwasserneubildung und dem Oberflächenabfluss entstehen, ist seit Erscheinen des Merkblatts der...

mehr
Ausgabe 09/2011

ITGA Baden-Württemberg

Auf der Tagesordnung der diesjährigen Mitgliederversammlung des Industrieverbands Technische Gebäudeausrüstung Baden-Württemberg stand die Neuwahl des Vorstands, des Vorsitzenden sowie seiner...

mehr