Roofkit – Aufstocken mit Holzmodulen
Ein Kit vom KIT auf dem Dach sorgt für üppige SolarerträgeIn unserer Serie über die Projekte des Solar Decathlon Europe geht das Studententeam des Karlsruhe Institute of Technology (KIT) mit Roofkit als erstes ins Rennen. Ein Bestandsgebäude wird hierbei energetisch ertüchtigt und mit vorgefertigten Holzmodulen um mehrere Stockwerke erweitert.
Die Weiter- und Umnutzung des Gebäudebestands, das kreislaufgerechte Entwerfen und Konstruieren mit natürlichen und gesunden Materialien unter Nutzung der urbanen Mine sowie das Erschließen regenerativer Energiequellen bilden den Rahmen für das Projekt des Studierendenteams des Karlsruher Instituts für Technologie. Als Beitrag zur Verdichtung von Städten hat das Team als Wettbewerbsaufgabe die Aufstockung des Café ADA in Wuppertal gewählt. Roofkit schafft damit nicht nur neuen Wohnraum, sondern das historische Gebäude wird zum Ausgangspunkt und integralen Bestandteil eines Gestaltungskonzepts, das die oben genannten Prämissen in Architektur umsetzt.
Der Gebäudeentwurf
Das Bestandsgebäude bleibt äußerlich als Identifikationspunkt im Quartier weitgehend unverändert, unter energetischer Aufwertung der Gebäudehülle. Der nicht mehr adäquate Ballsaal wird um ein Geschoss nach oben versetzt und neu geplant. Er bildet durch Form und Material räumlich einen klaren Übergang zwischen Bestand und neuem Aufbau. Der dadurch gewonnene Raum des ehemaligen Tanzsaals wird zu Unterkünften für internationale Künstler, aber auch Besucher und temporäre Bewohner des Viertels.
Die Aufstockung weiterer Wohneinheiten auf den neuen Tanzsaal wird in vorgefertigten Holzmodulen ausgeführt. Dies ermöglicht eine schnelle und vereinfachte Montage auf der Baustelle. Die Aufstockung setzt dabei auf ein Konzept der „shared spaces“ – um den zur Verfügung stehenden individuellen wie auch gemeinschaftlichen Raum neu zu verhandeln – sowie des Zusammenwohnens in verschiedenen Lebenssituationen.
Für den Wettbewerb in Wuppertal wird eine Wohneinheit aus der Aufstockung vereinfacht und als Demonstrator herausgeschnitten. Er besteht konstruktiv aus vier vorgefertigten Modulen mit einem zentralen Kern, der alle technischen Installationen sowie die Küche und das Bad bündelt. So bleibt nahezu die gesamte Nettogrundfläche der Einheit frei nutzbar für Wohnen, Arbeiten und Schlafen. Zur Demonstration der Aufstockung wird die Gebäudeeinheit während des Wettbewerbs auf ein Gerüst gestellt.
Das Energiekonzept des Gesamtgebäudes
Das Energiekonzept ist eine Synthese aus architektonischen Maßnahmen für eine hohe Aufenthaltsqualität und innovativen Lösungen für die Energieversorgung, die über das Jahr hinweg zur CO2-Neutralität führen sollen. Eine hochwertige Wärmedämmung sowie Lüftungswärmerückgewinnung minimieren den Heizwärmebedarf und die Nutzung von Solarenergie und Tageslicht trägt ebenfalls zum niedrigen Energieverbrauch des Gebäudes bei. Im Sommer hält eine passive Kühlungsstrategie die Innentemperaturen in einem akzeptablen Komfortbereich. In die Leichtbaukonstruktion der Aufstockung werden dazu Lehmplatten integriert, um mit thermischer Masse die Dynamik der Innentemperatur zu dämpfen. Eine auftriebsgestützte Nachtlüftung sorgt für die Wärmeabfuhr aus der Gebäudemasse.
Die Energieversorgung des Gebäudes basiert auf dachintegrierten PVT-Kollektoren, die gleichzeitig Solarstrom und Wärme für eine Wärmepumpe liefern. Ein Energiemanagementsystem maximiert die Netzdienlichkeit des Gebäudes durch Optimierung von Solarertrag, Strombedarf sowie Be- und Entladung von Batterien (Gebäude und E-Fahrzeug) und Pufferspeicher. Die Wärmerückgewinnung aus einem zentralen Abwasserwärmetauscher trägt weiterhin zur hohen Energieeffizienz des Gebäudes bei. Auch die Umwandlung von Bioabfällen in Biogas zum Kochen ist im Hinblick auf die Ausweitung des Gedankens der Kreislaufwirtschaft auf technische Prozesse im Gebäude berücksichtigt. Das Energiekonzept wird – auf den Bedarf herunterskaliert – auch für den Demonstrator übernommen. Für die Lüftung im Winter werden in Abweichung zum Gesamtentwurf oszillierende dezentrale Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung in die Fassade integriert.
Solarenergienutzung am Demonstrator
Das Dach des Demonstrators ist mit insgesamt 18 Solarmodulen bedeckt, davon 12 PVT-Kollektoren als Wärmequelle für eine Wärmepumpe. Ein Pufferspeicher von 1.000 l trennt den Kollektor- und den Verdampferkreislauf der Wärmepumpe und trägt dazu bei, dass die Kollektoren hauptsächlich in Zeiten mit Sonnenschein und Umgebungstemperaturen über 0 °C betrieben werden, um eine Vereisung der nicht isolierten Flüssigkeitsleitungen der Kollektoren zu vermeiden.
Zusätzlich zu den 12 PVT-Kollektoren werden 6 weitere PV-Module (insgesamt 5,4 kWp) installiert, um eine homogene Dachdeckung zu erreichen und ausreichend Strom für den späteren Betrieb als Gästehaus am KIT zu liefern. Die PV-Module haben eine rostbraune Farbe, die mit der Dachfarbe identisch ist – so fügt sich das Solardach in die architektonische Gestaltung des Gebäudes ein. Durch eine innovative Beschichtungstechnik weisen die PV-Module einen vergleichsweise hohen Wirkungsgrad auf und die PVT-Technologie hilft, die PV-Leistung zu erhöhen, da die Solarzellen durch den Solekreislauf gekühlt werden. Die elektrische Energie kann lokal in einer Batterie mit einer Kapazität von 5 kWh und zusätzlich in der Batterie eines E-Bikes gespeichert werden. Der Betrieb des Wechselrichters und die Batteriebe- und -entladung wird durch ein Energiemanagementsystem optimiert.
Systemsimulation für den Demonstrator
Für eine optimale Systemkonfiguration wurden umfangreiche Systemsimulationen in Openmodelica durchgeführt. Dazu wurden verschiedene Kombinationen der Komponenten (PVT-Kollektoren, Puffer- und Warmwasserspeicher, Wärmepumpe) und ihrer hydraulischen Verbindungen untersucht, um den Eigenverbrauch an Solarenergie über das Jahr zu maximieren und die CO2-Emissionen aufgrund von Strom aus dem Netz zu minimieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die von der Wärmepumpe gelieferte Gesamtwärme für Fußbodenheizung und Warmwasser 48 kWh/m²a beträgt. Die Wärmepumpe erreicht eine Jahresarbeitszahl von 2,5. Etwa 40 % des Warmwasserbedarfs werden von den PVT-Modulen gedeckt; die Zeiten der direkten solaren Warmwasserbereitung liegen dabei hauptsächlich im Sommer. Über die PV können insgesamt 95 % des Jährlichen elektrischen Energiebedarfs gedeckt werden.
Zusammenfassung und Ausblick
Mit Roofkit soll ein Zeichen für das zukünftige Bauen gesetzt werden. In einem integralen Entwurfsprozess wurden dazu sämtliche Möglichkeiten hinsichtlich Materialien, Konstruktionen und Energiekonzept ausgelotet, um gleichzeitig eine hohe architektonische Qualität – auch hinsichtlich der Symbiose von Alt und Neu – zu erreichen. Der Wettbewerb in Wuppertal wird zeigen, wie gut die Planung einschließlich sämtlicher Berechnungen schließlich war.
Das Projekt wird unterstützt mit Fördermitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg sowie Geld- und Sachleistungen zahlreicher Sponsoren.
Weitere Informationen finden Sie auf der offiziellen Wettbewerbsseite sde21.eu/de/ und auf der Seite roofkit.de/de/.