Studie zeigt: Infrarotheizungen können weniger Endenergie als konventionelles Heizsystem benötigen
06.09.2024Mit Infrarotheizungen sei es möglich eine deutliche Endenergieeinsparung im Vergleich zu einem konventionellen Heizsystem zu erreichen. Dies ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP mit zwei identischen Einfamilienhäusern (Zwillingshäusern). Das Infrarotheizsystem verbrauchte demnach 32 % weniger Endenergie als die Gasbrennwertherme in dem baugleichen Referenzgebäude.
Die Studie mit dem Titel „Messtechnischer Vergleich des Heizenergieverbrauchs eines konventionell beheizten Einfamilienhauses mit einem Gebäude mit Infrarotheizung“ wurde im Auftrag des Branchenverbandes IG Infrarot Deutschland e.V. durchgeführt. Messzeitraum war vom 25. Januar bis 31. März 2024. Die Studie ist eine Realuntersuchung, die an die numerischen Analysen der Technischen Universität Dresden für den Branchenverband anknüpft. Vorrangiges Ziel der Studie des Fraunhofer IBP war es, den Energieverbrauch in dem Referenz- und dem Infrarot-Zwillingshaus bei identischem thermischem Nutzerkomfort zu erfassen und zu vergleichen. Auch Betrachtungen zu den verursachten CO2-Emissionen sind enthalten.
Die Zwillingshäuser des Fraunhofer IBP (vorne rechts und Mitte links im Bild) des Fraunhofer IBP in Holzkirchen bei München.
Bild: Fraunhofer IBP
Monitoring unter realen Bedingungen
Die Vergleichsmessungen wurden in zwei identischen typischen Einfamilienhäusern (Zwillingshäusern) des Fraunhofer IBP auf dem Versuchsgelände in Holzkirchen südlich von München durchgeführt. Die Gebäude wurden circa 1980 errichtet und erfüllen durch laufende Ertüchtigungen die wärmetechnischen Anforderungen an ein nach EnEV04 saniertes Gebäude.
Der Versuchsaufbau der Studie des Fraunhofer IBP ähnelt den Voraussetzungen der Studien der TU Dresden aus den Jahren 2023 und 2024, da es das Ziel der IG Infrarot Deutschland war, die Ergebnisse aus den numerischen Analysen nun unter realen Bedingungen erforschen zu lassen. Dementsprechend wurde das Nutzerprofil in den Zwillingshäusern auf dem Versuchsgelände des Instituts auf eine vierköpfige Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern zugeschnitten. Mit jeweils 140 Quadratmetern Nutzfläche ist auch die zu beheizende Fläche ähnlich. In beiden Einfamilienhäusern wurde eine identische realistische Nutzung nachgebildet. Ebenso wurde im Zuge der Vorbereitungen sichergestellt, dass die Voraussetzungen in den Zwillingshäusern identisch sind.
Versuchsaufbau in Zwillingshäusern
Für die Beheizung wurden in einem Zwillingshaus neun verschiedene Typen von Infrarotheizungen mit einer Leistung zwischen 210 und 670 Watt und einer summierten Gesamtleistung von 9,1 Kilowatt installiert.
Das Referenzgebäude ist mit einer Gas-Brennwerttherme mit 11 Kilowatt Leistung sowie Flachheizkörpern in jedem beheizten Raum ausgestattet. Das Wohnzimmer hat zwei Heizkörper. Die Summe der Leistung aller Heizkörper beträgt 9,6 Kilowatt Die Trinkwarmwasserbereitung mit dem dafür nötigen Energiebedarf war nicht Teil der Untersuchung.
Komfortmessbaum zur Erfassung des thermischen Komforts.
Bild: Fraunhofer IBP
Bei beiden Zwillingshäusern wurde in der Mitte aller Aufenthaltsräume ein sogenannter Komfortmessbaum zur Erfassung des thermischen Komforts platziert. In den Messungen ab dem 25. Januar 2024 wurde der tatsächlich angefallene Nutz- und Endenergieverbrauch im 1:1-Vergleich zwischen den Infrarotheizungen und dem konventionellen Heizsystem erfasst. Im Gegensatz zum gasbeheizten Referenzgebäude fallen bei den elektrischen Direktheizungen keine Erzeugungs- und Verteilverluste im Gebäude an. Die Untersuchungen ergaben, dass im Messzeitraum 25. Januar bis 31. März 2023 der Nutzenergieverbrauch – also die den Räumen zugeführte Heizwärme - mit 1.305 kWh beim Referenzhaus und 1.267 kWh beim Gebäude mit Infrarotheizung innerhalb der Messunsicherheit vergleichbar war.
Berücksichtigt man zusätzlich die Verluste bei der Wärmeerzeugung und Verteilung, so ergibt sich ein Endenergieverbrauch der Gasheizung im Referenzhaus von 1.876 Kilowattstunden. Der Endenergieverbrauch des mit Infrarotheizungen beheizten Gebäudes bleibt unverändert bei 1.267 Kilowattstunden. Somit verbrauchte das Gebäude mit Infrarotheizung 32 % weniger Endenergie als die Gasbrennwertherme in dem Referenzgebäude.
CO2-Emissionen im Vergleich
Die Wissenschaftler des Fraunhofer IBP haben auch die CO2-Emissionen erfasst und miteinander verglichen (s. Seite 50 im Abschlussbericht). Die Gasheizung verursachte in dem Zeitraum 463 kg (CO2eq.), die Infrarotheizungen 510 kg (CO2eq.), was circa 10 % mehr entspricht. Bei dieser Berechnung hat das Fraunhofer IBP die CO2-Äquivalenzwerte aus der Ökobaudat (EN 15804 + A2 Strom für Gebäudebetrieb 2021) mit einem Wert von 0,402 kg (CO2eq.) zugrunde gelegt.
Seither hat sich der deutsche Strommix allerdings verändert, 2023 war deutlich mehr regenerativer Strom im Netz. Laut vorläufiger Schätzung des Umweltbundesamtes lag der CO2-Äquivalenzwert 2023 bei 0,380 kg (CO2eq.) Mit diesem Wert gerechnet, hätten Infrarotheizungen in dem Untersuchungszeitraum nur 482 kg (CO2eq.) verursacht, was 4 % mehr im Vergleich zu dem Gasheizsystem entsprechen würde (s. Seite 51, Bild 42 im Abschlussbericht des Fraunhofer IBP).
Über die gesamte Messperiode summierte, gemessene Energieverbräuche (mit Brennwertbezug) und CO2 Emissionen.
Bild: Fraunhofer IBP
Ausblick
Nach Information des Bundesverbandes des Schornsteinfegerhandwerks - Zentralinnungsverband (ZIV) von Juli 2024 waren im Jahr 2023 circa 8,2 Mio. Heizanlagen in Deutschland über 15 Jahre alt. „Das heißt, bei Millionen von installierten konventionellen Heizsystemen würde eine Endenergieeinsparung durch moderne, energieeffiziente und schnell reagierende Infrarotheizungen unter realen Bedingungen eintreten“, überträgt Lars Keussen, erster Vorsitzender der IG Infrarot Deutschland, das Untersuchungsergebnis auf die Praxis.
Die Mitglieder der IG Infrarot Deutschland sehen einige Faktoren, welche die Energiebilanz von Infrarotheizungen in den kommenden Jahren signifikant verändern werden, allen voran die eigene Solarstromerzeugung und -nutzung sowie der steigende Anteil von regenerativem Strom im deutschen Netz. Dadurch werden der externe Strombezug und die CO2-Emissionen bei den elektrisch betriebenen Infrarotheizungen weiter sinken, während Öl- und Gasheizungen keine Veränderung beim CO2-Ausstoß haben. Auch die Einbeziehung der Elektrifizierung der Trinkwassererwärmung in Studien werde einen positiven Effekt haben. Der Branchenverband plant, weitere Studien durchführen zu lassen, unter anderem zur Wirtschaftlichkeit von Infrarotheizungen.
Der Abschlussbericht des Fraunhofer IBP steht hier zum kostenfreien Download zur Verfügung.
Weitere Informationen
Zusammenfassungen und Abschlussberichte Studien der Technischen Universität Dresden:
• „Potentialbewertung von Infrarotheizungen alsSpitzenlastabdeckung“ (17. April 2023)
• „Energetische Bewertung des Einsatzes von Infrarotheizungen als Spitzenlastabdeckung in Kombination mit einer Wärmepumpefür verschiedene Baualtersklassen“ (27. Mai 2024)