HEA-Jahrestagung 2010
Am 27. Oktober 2010 fand im das Vortragsprogramm der HEA-Jahrestagung 2010 statt. Bereits einen Tag zuvor startete die Veranstaltung abends mit einem Get-together, um erste Gespräche rund um die Themen Energieeffizienz und die Entwicklung des Energiemarktes zu führen.
Als Treffpunkt und Informationsplattform bot die Veranstaltung viel Raum für Diskussionen und Kontaktknüpfung bzw. -pflege. Vielfältige Veränderungen stehen der Energiebrache bevor, so der Grundtenor. Dabei bieten Veränderungen immer auch Risiken und Chancen. Mit dem im Herbst in Kraft getretenen Energiedienstleistungsgesetz hat die Regierung neue Rahmenbedingungen geschaffen, jetzt ist es an den Unternehmen, daraus ein profitables Marktumfeld zu entwickeln. Dementsprechend zeigte die Jahrestagung energiepolitische und energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen und daraus resultierende Auswirkungen auf. Dabei präsentierte die Veranstaltung innovative Marktteilnehmer, beleuchtete zukunftsfähige Marketingstrategien und bot einen Überblick über technologische Entwickelungen und praxisorientierte Energiedienstleistungen.
Ein zentraler Programminhalt war dabei auch das Thema „smart Home“, das neue Möglichkeiten für Energieversorger bietet. So könnten sich die Energieversorger zukünftig zu Energiemanager entwickeln.
Private Potentiale noch begrenzt
Ein Weg zu Einspar- und vor allem Flexibilisierungspotentialenin privaten Haushalten könnte mit "Demand Side Management" beschritten werden. Prof. Wolfgang Mauch, Forschungsstelle für Energiewirtschaft, bezifferte das erreichbare Einsparvolumen imHaushaltsbereich allerdings mit bestenfalls 5 %.Neben rudimentärer Ausstattung mit entsprechenden Zählern und Geräten sei vor allem der begrenzte Verbrauch von Haushaltsgeräten ausschlaggebend. Nur unter Einbeziehung der Wärmeversorgung könnte dort ein nennenswerter Beitrag zum Abbau unerwünschter Fluktuationen im Netz geleistet werden. Mauch kritisierte das Verbot von Nachtspeicherheizungen. Derzeit sei keine andere Technik so geeignet, temporäre Überproduktionen aus Wind- und Sonnenenergie aufzufangen.
Die Wärmepumpe im Smart Grid
Im Forum „Dienstleistungsmarkt Intelligentes Wohnen“ thematisierte Michael Kruckenberg, Stiebel Eltron, das Potential der Wärmepumpe als dezentraler Speicher im Kontext intelligenter Netze. Um die Akzeptanz beim Verbraucher zu erhöhen, gilt es vor allem glaubhaft zu machen, dass die eigene Wärmepumpe so günstig wie möglich läuft. Erst dann wächst die Akzeptanz für gesteuerte Lösungen.
Der Schlüssel zur Sensibilisierung privater Nutzer liegt in der Visualisierung.
Verbräuche in Echtzeit
Breites Interesse fanden zwei Smart Meter-Projekte aus Franken und Nordrhein-Westfalen. Norbert Zösch, Stadtwerke Haßfurt, erläuterte, dass 9 000 Kunden über 80 Stationen mit 3 500 intelligenten Stromzählern ausgestattet seien. Auf Grund fehlender DSL-Anbindung entschied man sich für Datenübertragung via Powerline. Fast 12 Megawatt Eigenleistung aus Photovoltaik, Kraft-Wärme-Kopplung und Windenergie werden eingespeist. Die Wirtschaftlichkeit der Infrastruktur sei erreicht. Gut 15 % der Kunden nutzen die Smart Meter-Leistungen aktiv. Gewerbekunden aus Nachbargemeinden fragen diese bereits nach. Eine etwas skeptischere Bilanz zog Oliver Hoffmann, RheinEnergie AG. Der Kölner Feldversuch mit 500 privaten und gewerblichen Kunden zeige immensen Entwicklungsbedarf bei der Systemstabilität der Zähler, Visualisierung und kurzfristigen Datenaufbereitung. Aktive Nutzer wollen ihren Verbrauch in Echtzeit sehen. Angesichts von 700 000 Kunden wären flächendeckend große Investitionen notwendig, ein Mehrerlös zurzeit jedoch nicht absehbar. „Mittelfristig werden Smart Grid und Smart Meter allerdings unverzichtbar sein. Insofern sehen wir unseren Pilotversuch durchaus positiv“, so Oliver Hoffmann.
Gebäudeautomatisierung und LED-Technik
In Forum „Dienstleistungsmarkt Kommunen“ wurden technische und technologische Möglichkeiten für einen effizienten Energieeinsatz wie auch Marktchancen und -hindernisse aufgezeigt. Jörg Kupferschlaeger, Philips Unternehmensbereich Lighting, konzentrierte sich auf die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik; Beleuchtung habe in den Gemeinden einen Anteil am Stromverbrauch von 55 %. Er empfahl den Kommunen einen schnellen LED-Einstieg, um die Energiekosten drastisch zu senken. Ein erfolgreiches Beispiel zur Gebäudeautomatisierung in kommunalen Projekten präsentierte Hans-Joachim Langels, Siemens, Bereich Building Technologies. In Flensburg sind 30 Gebäude mit dem Rathaus vernetzt, wodurch sofort Hausmeister- und andere Servicedienste eingespart wurden. Ziel der Gebäudeautomatisierung in kommunalen Liegenschaften sei die Betriebskostenoptimierung – ohne Komfortverluste. Das Sparpotential bezifferte er für Schulen mit 34 %, bei Krankenhäusern mit 18 und Büros mit fast 40 %.
Contracting und Co.
Zu wenige und meist nicht rechtskonforme Ausschreibungen sowie eine undurchsichtige Vergabepraxis für Energiedienstleistungen kritisierte Hans Lang, EnBW Stuttgart. Jürgen Hagenlocher, Süwag Energie AG, berichtete von gut funktionierenden Contracting-Vergaben für Kommunen, die einzelne Gebäude wie auch größere Anlagen betreffen. Man war sich einig, dass die aktuelle Debatte dem Contracting neue Marktchancen eröffnen wird, jedoch gibt es weiter Informationsbedarf durch die Branchenverbände. Dass Aufklärung weiter Not tut, belegte auch Kai-Thorsten Lorenz, Süwag Energie AG, der die Ergebnisse einer aktuellen BDEW/HEA-Studie zu Energieeffizienzpotentialen bei Geschäftskunden vorstellte. Von mehr als 600 befragten KMU des produzierenden Gewerbes schätzten etwa drei Viertel das Effizienzniveau ihres Unternehmens als gut bis sehr gut ein. Aber gerade einmal ein Drittel hat in den letzten Jahren in entsprechende Maßnahmen investiert.
Mangelnde Information zeigt sich darin, dass gut 90 % der Befragten Sparpotential bei der Beleuchtung sehen, Kenntnisse zu Kraft-Wärme-Kopplung, Prozesswärme und -kälte oder Wärmerückgewinnung jedoch kaum vorhanden sind. Von Elke Cornelsen, Vattenfall Europe Sales, wurden erste Ergebnisse einer gemeinsam von BDEW und HEA beauftragten forsa-Befragung zu Ausstattung und Kaufentscheidungen bei Haushaltsgeräten präsentiert. Die Studie lässt wertvolle Rückschlüsse bei Stromverbrauch und Geräteeinsatz in verschiedenen Haushaltsgrößen zu und ist für Aufklärungskampagnen oder technologische Entwicklungen der Industrie nutzbar. Sie wird im Frühjahr 2011 publiziert.
Für Dr. Jan Witt, HEA-Geschäftsführer, zeigte die Tagung vor allem den großen Bedarf an Information und Beratung für potentielle Investoren und alle Kundensegmente. Die Gemeinschaft der Marktpartner sei weiter gefordert, Potentiale für Energiedienstleistungen aufzuzeigen und für neue, intelligente Technologien zu werben: „Insofern liegt vor uns allen eine Menge Arbeit, aber wir sind auf einem guten Weg.“