Kommentar

Gebäudeenergiegesetz – hard cases make bad law vs. hard cases make good law?

Das neugefasste Gebäudeenergiegesetz (GEG neu), auch als „Heizungsgesetz“ bekannt, löst derzeit ein großes öffentliches Erdbeben aus. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verabschiedung des GEG neu vorerst zwar gestoppt, dennoch wird es mit Sicherheit kommen – später und möglicherweise noch weiter modifiziert. Es soll die Dekarbonisierung im Gebäudesektor mit einschneidenden Änderungen für Eigentümer bzw. Betreiber vorantreiben.

Grundlegende, unbequeme und notwendige Veränderungen lösen in demokratischen Strukturen mitunter polarisierende öffentliche Debatten aus. Dabei ist jetzt die Zeit für konsequente strategische Entscheidungen in einer sich massiv verändernden Welt gekommen.

Hard cases make bad law?

Spätestens seit der Ölkrise in den 1970er-Jahren war zwar allgemein bekannt, dass fossile Abhängigkeiten ökonomische und ökologische Irrwege sind. Es war jedoch (vermeintlich) lukrativ und bequem, fossile Energiequellen aus Russland und woandersher bedenkenlos zu nutzen – und zwar ohne politisch und volkswirtschaftlich gebotene Maßnahmen der Risikominimierung. Bis Februar 2022 überwog offenbar die neoliberale Maxime vom freien Spiel der Kräfte, anstatt auf nachhaltige Energiequellen zu setzen – und damit einhergehend auf klimaneutrale, hochmoderne und lukrative Energietechnologien. Ein grob fahrlässiges Unterlassen, das Russland in die Lage versetzte, so generierte Mittel bereits seit 2014 für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu nutzen.

Angesichts dessen – zweifelsohne stecken wir in einem hard case – muss klar sein, dass es kein „weiter so“ in der Energiepolitik geben kann.

Dänemark hätte längst als energiepolitische Benchmark dienen können. Die Ölkrise führte dort zu einer strategischen und konsequenten Risikominimierung. Das gesamte Heizungsnetz wurde neugeordnet: Kommunen erstellten Wärmepläne – wie es das GEG neu auch vorsieht, Wärmepumpen wurden installiert, zentrale Fernwärmekraftwerke und -netze mit Genossenschaftsmodellen errichtet. Finanziert wurde das durch Steuern auf fossile Energien. Heute heizen in Dänemark nur 23 % der Haushalte mit Gas oder Öl, in Deutschland sind es 75 %. Wurde Dänemark dadurch deindustrialisiert, detechnisiert, sind dort Menschen erfroren oder wurde das Land irgendwie nachhaltig geschwächt? Nein! So sieht eine erfolgreiche Wärmewende aus!

bad law – das neue GEG?

RA Christoph Sachse, Vorsitzender des Fachausschusses für Rechtsfragen (FAR) des BTGA.
Bild: C. Sachse

RA Christoph Sachse, Vorsitzender des Fachausschusses für Rechtsfragen (FAR) des BTGA.
Bild: C. Sachse
Im „Deutschlandtempo“, der Bundeskanzler meinte damit sehr zügig, müssen wir resilient werden. Der Gebäudesektor muss als größter CO2-Produzent seinen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. Damit es eben nicht zum bad law oder gar nonsense law wird, darf das GEG neu nicht weiter durch überlange Übergangsregelungen oder durch Hintertürchen aufgeweicht werden, beispielsweise H2-readyness als Feigenblatt für weitere Gasheizungen. Gleichzeitig müssen effiziente Förderprogramme aufgelegt und Kommunen dürfen mit der Wärmeplanung nicht alleingelassen werden – auch hier gilt das Konnexitätsprinzip. Alles andere würde dem Ziel der Klimaneutralität und der energiepolitischen Risikominimierung schaden.

Keine Wärmewende wird ohne die systemrelevante TGA-Branche gelingen. Sie ist mit sinnstiftenden Berufen für zukünftige Arbeitskräfte hochattraktiv. Deren Bedürfnisse werden weiter in den Fokus der Politik rücken (müssen), insbesondere wenn es um effektive Maßnahmen für dringend benötigte Fachkräfte geht. In der Heizungswende liegen durch ein konsequentes und richtungsweisendes GEG neu mithin immense Chancen für unsere Branche. Ein Kaputtreden ist hier fehl am Platz. Wenn ein richtungsweisendes GEG neu gelingt – und es muss gelingen – beweist sich die Gegenthese des Yale-Juristen Arthur Linton Corbin aus dem Schicksalsjahr 1923: Hard cases make good law!

Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.

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