Präzise Kollisionsplanung in Holz-/Betonbauweise
TGA-Planung mit Anspruch auf optischer GestaltungIm Gewerbegebiet Eichwald Nord in Sachsenheim erhebt sich seit 2021 ein imposantes 17 m hohes Bürohaus mit fünf Stockwerken – errichtet in Hybridbauweise aus Holz- und Stahlbetonelementen im KfW-55-Standard. Die Gebäudetechnik für das Bauwerk der Gebäudeklasse 4 musste möglichst „unsichtbar“ in die Gebäudestruktur integriert werden.
Der Grundgedanke für diesen Neubau war, die Brachfläche im Industriegebiet Eichwald Nord im baden-württembergischen Sachsenheim mit einem Mischobjekt für Büronutzung, Tagungen und Veranstaltungen in einer Einheit zu bebauen, die ihre Grundelemente Holz, Glas und Beton weithin sichtbar zeigt. Geplant hat das Bauvorhaben die Architektin Kerstin Geiger-Pfeiffer aus Sachsenheim.
Entstanden ist ein vollunterkellertes Bürogebäude, das auf einer Grundfläche von 20 mal 20 m über dem Erdgeschoss vier weitere Etagen sowie ein Untergeschoss umfasst. Es wurde eine geschossweise Büronutzung mit großflächigen, vermieteten Büros für etwa 20 Arbeitsplätze pro Stockwerk und zugehörigen Neben- und Technikräumen realisiert. Im Erdgeschoss wurde ein großer Veranstaltungs- und Tagungsraum mit entsprechenden Nebenräumen eingerichtet. Treppenhaus und Untergeschoss bestehen aus Stahlbeton. Im zentralen festen Kern befinden sich die Technik- und Nebenräume. Daran schließen sich in jedem Stockwerk – jeweils mit Abgrenzung durch verglaste Flure – die entlang den Außenwänden gegliederten Büroräume an.
Planung der Gebäudetechnik
„Wir haben in intensiver Beratung mit der Bauherrenschaft und der Architektin die Gebäudetechnik so geplant, dass man das Gebäude wirtschaftlich nutzen kann und der Komfort spürbar ist – aber möglichst nicht sichtbar“, sagt Peter Rothenbacher, der beim beauftragten TGA-Planungsbüro Bohnacker aus Schelklingen die Projektleitung übernommen hat. Für die Bereiche der Elektrotechnik, Beleuchtung, Blitzschutz, Heiz- und Kühltechnik, Stromversorgung, Sicherheitsanlagen sowie die Fernmelde- und informationstechnischen Anlagen als auch für den Bereich der TGA Heiz- und Kühltechnik, Sanitär- und Lüftungsanlagen hat das Unternehmen die umfassenden vorausgehenden Berechnungen und schließlich die Planung erstellt. In diesem Planungskonzept waren alle Leitungszuführungen, Rohr- und Kabeltrassen, Stellmotoren, Dimension der Rohrleitung, hydraulischer Abgleich und Leitungsquerschnitte enthalten.
„Die Herausforderung war der optische Anspruch von Seiten der Auftraggeber, die Versorgungsleitungen für Wasser, Heiz- und Kühlleitungen, Abwasser, Lüftungsleitungen für Zu- und Abluft in Verbindung mit den sichtbaren Holzdecken, den Heiz-/Kühldecken und der optimalen Beleuchtung als auch die Lüftungsauslässe in Einklang zu bringen“, erläutert Rothenbacher. „Wir haben im Entwurf definiert, wo die Leitungen geführt werden und dies unter Berücksichtigung aller anderen Fachplanungen ausführungsreif und unter präziser ‚Kollisionsplanung‘ berechnet. Die Herausforderung von Kollisionen in der Leitungsführung konnten wir nur durch fortwährende Reviews bzgl. aller Schnittstellen untereinander durch Kollisionsabstimmung erreichen.“
Wärme- und Kältetechnik
Zwei im Außenbereich installierte Luft-Wasser-Wärmepumpen des Herstellers Waterkotte Typ Eco Touch Air Kaskade 8 (A7/W35), die bivalent betrieben werden, übernehmen die Wärme- und Kälteversorgung. Die beheizte und gekühlte Fläche, bestehend aus den Büros, verschiedenen Besprechungs- und Nebenräumen - umfasst 1.609 m2. Durch die Kaskadierung der beiden Wärmepumpen kann ein großer Wärmebedarf abgedeckt und die Leistung individuell reguliert werden.
Ausreichend Frischluft erhält das Gebäude durch eine Lüftungsanlage mit Wärmrückgewinnung. „Wir haben die technischen Installationen über zentrale Schächte in die einzelnen Stockwerke führen lassen“ berichtet Peter Rothenbacher. „Die Verteilung von Heizung, Kühlung und Lüftung zu den Bürobereichen erfolgt jeweils geschossweise in den abgehängten Flurdecken. Die Zulufttemperatur beträgt im Soll 21 °C, der Gesamtdruckverlust der Zu- und Abluftanlagen liegt bei 250 Pa (2,5 mbar). Die Wärmerückgewinnungsgeräte arbeiten mit einem Wirkungsgrad von Zuluft 47,4 % und Abluft 50 %.“
Kleinere Technikräume befinden sich in den Geschossen 2 und 3, im ersten und vierten Obergeschoss wurden größere Technikräume realisiert. Heizungs- und zentrale Steuerungstechnik der Lüftung sind im Keller untergebracht. Strangleitungen ziehen sich nach oben durch zu den Heiz- und Kühldecken, die die Wärme und Kälte in den Räumen verteilen. Sie sind – zusammen mit der indirekten LED-Beleuchtung – in den akustisch wirksamen Heiz- Kühldeckensegeln integriert.
Konzeption der Wärmeverteilung
Die Heizlast wurde anhand der Bauteilkennwerte berechnet. Hierfür nutzten die TGA-Experten das Software-Programm „Plancal Nova“ vom Hersteller Trimble für rechnergestütztes Konstruieren. Die dreidimensionalen Berechnungen sind nach gestalterischen und technischen Gegebenheiten anpassbar. „Wichtig war, dass die Befestigungssysteme der innerhalb der Decke geführten Leitungsanlagen auf den Feuerwiderstand der Deckenkonstruktion abgestimmt werden mussten“, so Rothenbacher.
Die verwendeten Heiz- und Kühldecken lassen sich individuell an die Raumbeschaffenheit anpassen. Sie sind ästhetisch überzeugend in Look und Akustik und sichern konstantes angenehmes Raumklima ohne störende Luftverwirbelungen oder Temperaturspreizungen. Die Leitungen sind in Wänden und Decken versteckt installiert, lediglich die Deckenelemente mit indirekter Beleuchtung lassen die integrierte Technik erahnen. Je Etage wurde ein Heizkreisverteiler eingeplant, der raumweise die Heiz- und Kühldecken versorgt. Alle Elemente geben durch gleichmäßige Volumen-Kreisläufe gleichzeitig konstante Wärme an den Raum ab. Jeder Raum wird über einen Stellmotor geregelt, der den Durchfluss steuert. Das ist durch Regelventile in Regelzonen individuell einstellbar. In diesem Bauvorhaben wartet die Heizung mit einer Heizleistung von 59,9 W/m2 und mit einer Kühlleistung von 60,2 W/m2 auf.
Zur Komplettierung der Effizienz wurde auf dem Flachdach eine vollflächige Photovoltaikanlage platziert. Diese besteht insgesamt aus 144 Einzelmodulen. Die Stromproduktion lag 2022 bei rd. 40.200 kWh. Davon gingen etwa 10.700 kWh in den Eigenverbrauch, der Rest wurde ins Netz eingespeist. Mit seiner Nutzfläche von insgesamt 1.940,84 m² (Bruttorauminhalt: 8.759,45 m²) liegt das im KfW-55-Standard errichtete Bürogebäude bei einem Primärenergiebedarf von 44,3 kWh/m²a.