9. Wilo OEM-Forum mit Podiumsdiskussion

Chancen und Risiken des ErP-Labeling

Im Rahmen des Wilo OEM-Forums am 6. und 7. Dezember 2012 im Hotel Pullmann in Dortmund kamen am ersten Veranstaltungstag führende Vertreter aus Industrie, Fachgroßhandel, Branchenverbänden und Politik zu einer Podiumsdiskussion zusammen. Zentrales Thema waren „Chancen und Risiken für den Heizungstechnikmarkt durch das ErP-Labeling“. Anlass der Diskussion waren die ab Mitte 2013 formulierten Anforderungen unter der europäischen ErP-(Ökodesign-)Richtlinie, ein standardisiertes Energieeffizienz-Labelsystem für Wärmeerzeuger, heiztechnische Komponenten und gesamte Heizungsanlagen einzuführen.

Rund 100 Teilnehmer waren in diesem Jahr der Einladung des Pumpenspezialisten Wilo SE gefolgt. Im Mittelpunkt des jährlich stattfindenden OEM-Forums steht der Austausch der Heizungsbranche zu aktuellen Themen bei Heizungstechnik, solarthermischen Anlagen und Wärmepumpen.

Thomas Merscheim, Key Account und Productmanager Deutschland der Wilo SE, betonte bei seiner Begrüßung der Teilnehmer, dass aktuell kaum ein Thema in der Branche kontroverser diskutiert werde, als das Labeling von Heizungskomponenten und -anlagen in Hinblick auf die Vorgaben, die die ErP-Richtlinie den Erstausrüstern macht. Dabei würde von den Akteuren des Heizungstechnikmarkts die Notwendigkeit standardisierten Labelings häufiger als Risiko für das eigene Marktpotential, denn als Chance begriffen. Die Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Industrie, Großhandel, Handwerk und Politik  biete vor diesem Hintergrund eine ideale Gelegenheit, einen Überblick zum Status quo zu verschaffen und auch die Chancen eines Labelings deutlicher hervorzuheben. Hierzu bezogen die sechs geladenen Experten mit kurzen Vorträgen zunächst einmal Stellung. 

 

Überlegungen zum Energielabel

Den Anfang machte Dirk Wellkamp, Vaillant, mit einer kurzen Einführung und Übersicht der ErP-Thematik im Heizungstechnikmarkt. „Die Durchführungsverordnungen der ErP-Rahmenrichtlinien sind zum einen die Ökodesign-Verordnung, welche unterschiedliche Mindesteffizienzanforderungen an verschiedene Heizungstechnologien definiert, zum anderen die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung, welche Produktlabel für Heizungen, Kombiheizungen sowie Systeme- bzw. Paketlabel beinhaltet“, erklärte Dirk Wellkamp. In einem ergänzenden dritten Dokument seien die dazu nötigen Test- und Kalkulationsmethoden beschrieben. „Noch in diesem Jahr rechnen wir mit den neuen Entwürfen zur ErP-Richtlinie“, gab Wellkamp die Erwartungen der Branche stellvertretend wieder, „und im Sommer mit der Verabschiedung der Effizienz- und Labelingverordnungen.“ Dies bedeute jedoch nicht, dass ab Mitte 2013 die Mindesteffizienz- und Labelinganforderungen von den Herstellern bereits umzusetzen seien, da die EU eine Übergangszeit von zwei Jahren vorgesehen habe. Wellkamp umriss kurz die Anforderungen der ErP-Richtlinie und zeigte anschließend Verbesserungspotentiale für das bevorstehende Labeling auf. So müssten etwa für ein A-Label künftig alle Heizungstechnologien einen Mindesteffizienzwert von 90 % erreichen. „Diese Skalierung über alle Heizungstechnologien hat den Nachteil“, so Dirk Wellkamp, „dass etwa in der Produktgruppe für Brennwertgeräte (BWK) und Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) alle Produkte die gleiche Effizienzklasse erreichen.“ Dies würde dazu führen, dass alle BWK die Klasse A, alle KWK aufgrund der eingeschränkten Kalkulationsmethode die Klasse A+ erhielten. Lediglich in der Produktgruppe der Wärmepumpen seien Differenzierungen von A+ bis A+++ möglich. Eine Vergleichbarkeit sei damit für den Endverbraucher sehr schwierig. Um für den Endkunden Piktogramme und Label-Informationen, insbesondere für Kombigeräte, verständlicher darzustellen, sollten noch Überarbeitungen erfolgen. Ein weiteres Problem sei, dass die Effizienzbewertung derzeit nur von den Herstellern selbst vorgenommen werde, eine neutrale Instanz zur Bewertung gäbe es bislang nicht. Im Sinne eines fairen Wettbewerbs sprach sich Dirk Wellkamp daher deutlich für die Einführung einer Drittstellenzertifizierung aus. 

 

Verwirrungen vorprogrammiert

Karl Endrich (Fachgroßhandel für Haustechnik) beleuchtete zunächst aus Sicht des Handels die gegenwärtigen Veränderungen auf dem Heizungspumpenmarkt. Durch das Inkrafttreten der EU-Verordnung zum 1. Januar 2013, die die Mindesteffizienzanforderungen für Pumpen in Nassläufer-Bauweise definiert, sei dieser kräftig in Bewegung geraten. „Die Warenbestände bei Standardpumpen gehen allmählich gegen Null, während der Absatz von Hocheffizienzpumpen spürbar anzieht“, zog Karl Endrich eine erste positive Zwischenbilanz zum Jahresende. Er machte in diesem Zusammenhang aber auch auf die Problematik aufmerksam, dass es derzeit noch an adäquaten Lösungen für den Austausch von in Wärmeerzeugern oder Solarstationen integrierten Umwälzpumpen fehle, da diese oftmals rein technisch nicht durch Hocheffizienzpumpen ersetzt werden könnten. Auch wenn integrierte Umwälzpumpen erst ab 2015 durch die EU-Verordnung betroffen seien, begännen viele Fachhandwerker schon jetzt entsprechende Pumpenmodelle als Ersatzaggregate zu horten. Hier seien Pumpen- und Kesselhersteller gleichermaßen gefordert, zeitnah Lösungsansätze vorzustellen.

 

Package-Labeling einfacher gestalten

Als Experte für Solarthermiesysteme vertiefte Ralf Köbbemann-Rengers, Bosch Solarthermie, das Package-Labeling von Heizungsanlagen. Die Bewertung der Effizienz und das Labeling  einer Anlage seien für Fachhandwerker solange unkompliziert, sofern es sich um eine vollständige Neuinstallation handele, bei der alle Anlagenkomponenten aus einer Hand stammten. Sobald jedoch Komponenten unterschiedlicher Hersteller kombiniert oder in einer Bestandsanlage nur einzelne Komponenten ausgetauscht würden, werde eine realistische Bewertung für den Fachhandwerker schwierig. In dem Fall müssten Kenndaten verschiedener Hersteller bzw. der verbleibenden Bestandskomponenten und der Neugeräte fachgerecht zusammengebracht werden. Hier sah Ralf Köbbemann-Rengers vornehmlich die Industrie in der Pflicht, Verfügbarkeit, Austausch und Transparenz von Effizienzkennzahlen als Grundlage eines validen Package-Labelings von Heizungsanlagen in Form eines gemeinsamen Datenbanksystems voranzutreiben.    

 

Nachholbedarf in der Informationspolitik

Aus dem Blickwinkel eines Zulieferers betrachtete Matthias Reitzenstein, Vertriebsleiter für Solarspeichersysteme, Wikora, das Thema Package-Labeling. „Im Rahmen des zukünftigen Energielabelings für Heizungsanlagen wird die Effizienzbewertung von Solarspeichern nach Wärmeverlustraten erfolgen, also nach der Isolierung. Damit haben wir als Hersteller von Speichersystemen keinerlei Einfluss auf das Labeling unserer Produkte“, umriss Matthias Reitzenstein das Problem für die Zulieferer. Generell bewertete der Vertriebsprofi das ErP-Labeling allerdings als positiv, steige dadurch doch die Vergleichbarkeit der Produkte für den Endkunden durch eine unabhängige Zertifizierung. Für das Fachhandwerk biete insbesondere das Package-Labeling von Heizungsanlagen zudem eine gute Profilierungsmöglichkeit. Indem der Fachhandwerker Anlagenkomponenten zu einem möglichst effizienten Gesamtsystem zusammenstellt, könne er seine Beratungs- und Fachkompetenz gegenüber dem Endkunden unter Beweis stellen.

 

Energielabel wird Signalwirkung haben

Die Aspekte Beeinflussung des Konsumentenverhaltens und  Wettbewerbsfaktor durch das kommende Energielabeling griff Carsten Kuhlmann, Viessmann, in seinem Vortrag auf. Er betrachte das ErP-Labeling heiztechnischer Komponenten und Anlagen sehr wohl als eine Entscheidungsgrundlage für den Endkunden. Zum einen werde hier der Endgebraucher mit einem ihm bekannten Zertifizierungssystem konfrontiert, zum anderen werde das Package-Label in Zukunft auch unumgänglich fester Bestandteil auf Angeboten für Heizungsanlagen sein, die von „Inverkehrbringern“ wie dem Fachhandwerk für den Endkunden erstellt werden. Damit sei das Energielabel für den Verbraucher letztlich doch wieder ein Einflussfaktor, der ihm klar signalisiere, dass er mit einer neuen Heizungsanlage enorm Energie sparen kann – ein Aspekt, der nach Ansicht von Carsten Kuhlmann in den Köpfen vieler Verbraucher heute noch nicht präsent genug sei und damit dem Modernisierungsstau Vorschub leiste. Hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit erwarte er eine Angleichung des Marktes, so Kuhlmann. Aufgrund der technischen Ausgereiftheit und Ähnlichkeit der meisten Endgeräte verschiedener Hersteller sei nicht zu erwarten, dass diese sich in der energetischen Bewertung signifikant voneinander unterscheiden. Im Vorteil sei vielmehr der Hersteller, schloss Kuhlmann, der es versteht dem Heizungsbauer die Konfiguration einer effizienten Heizungsanlage zu erleichtern.       

 

Podiumsdiskussion

 

Trotz teilweiser strittiger Punkte in der Podiumsdiskussion herrscht zumindest hinsichtlich der Gestaltung und Kennzeichnung eines künftigen Energielabels für heiztechnische Komponenten und Package-Labelings für Heizungsanlagen weitgehend Einigkeit. Die Labelings müssten insbesondere für den Endgebraucher einfach und verständlich sowie transparent und verlässlich sein und eine tatsächliche Entscheidungshilfe für eine energetische Sanierung bieten.

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