Aktuelle Rechtsprechung
Verlängerung der Gewährleistungsfrist im AbnahmeprotokollGar nicht selten finden sich im Abnahmeprotokoll für eine Leistung Aussagen über die Gewährleistungsfrist für Mängel. Oft hat dies nur verwaltungstechnische Bedeutung, um eine bessere Fristenkontrolle zu ermöglichen. Interessant wird es, wenn die Gewährleistungsfristen von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen. Einen solchen Fall hatte vor kurzem das OLG Bamberg zu entscheiden (OLG Bamberg, Urteil vom 26. Juni 2018 – 5 U 99/15).
Der Fall
Ein Auftraggeber (AG) beauftragte ein Unternehmen (AN) mit der Ausführung von Rohbau- und Fassadenarbeiten an einem neu zu errichtenden Mehrfamilienhaus. Die Parteien vereinbarten bauvertraglich eine Verjährungsfrist von zehn Jahren (nur) für die Dachabdichtung und von fünf Jahren für die restlichen Gewerke. Nach Beendigung der Arbeiten führten die Parteien eine förmliche Abnahme durch. In dem vom AG gefertigten Abnahmeprotokoll waren die hergestellten Gewerke einzeln aufgeführt und jeweils mit einer Verjährungsfrist versehen. Nach dem Wortlaut des Protokolls sollte nun auch für die Fassade eine Verjährungsfrist von zehn Jahren gelten. Im Zuge der Begehung unterzeichnete der AN das Abnahmeprotokoll.
Sieben Jahre nach der Abnahme machte die Klägerin Mängel an der Fassade geltend. Der An beruft sich auf die fünfjährige Verjährungsfrist im Vertrag. der AG auf die Aussage des Abnahmeprotokolls, wonach für die Fassade zehn Jahre Gewähr geleistet wird.
Die Entscheidung
Das OLG Bamberg gibt dem Auftraggeber recht. Bei den Angaben im Abnahmeprotokoll handelt es sich hier um verbindliche Erklärungen, die den Vertrag abgeändert hätten.
Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, dass sie den Inhalt des Protokolls nicht vollständig gelesen hatte.
Praxishinweis
„Augen auf beim Abnahmeprotokoll!“, ruft einem diese Entscheidung zu. Sie wäre genauso auf technische Gewerke übertragbar. Im Vertrag könnte etwa eine Gewährleistung nach den Regeln der VOB/B vereinbart sein, die vier oder in Abhängigkeit von Wartungsverträgen auch einmal nur zwei Jahre betragen kann und für die man sich leicht eine fünfjährige Frist im Abnahmeprotokoll vorstellen kann.
Rechtlich einfach ist die Sache allerdings nicht. Denn die Abnahmeerklärung gibt normalerweise nur der Auftraggeber ab. Es handelt sich gar nicht um einen Vertrag, sondern um eine einseitige Erklärung. Ziemlich viele Abnahmeprotokolle sehen aber auch eine Unterschrift des Auftragnehmers vor. Damit gerät man immer in die Gefahr, dass die Unterschrift verschieden interpretiert werden kann. Es gibt ähnliche Urteile, in denen die Mangelrüge des Auftraggebers (sogenannte „Protokollmängel“) durch eine Unterschrift des Auftragnehmers „geadelt“ und die Mängel als einvernehmlich anerkannt behandelt werden. Ohne beiderseitige Unterschrift ist es nur eine Mangelrüge des Auftraggebers, der widersprochen werden kann.
Wer solche Fragestellungen vermeiden will, sollte als Auftragnehmer die Unterschrift mit einer Überschrift versehen: Zur Kenntnis genommen. Denn dann handelt es sich aus Sicht von Juristen nur um einen Nachweis, dass die entsprechenden Erklärungen angekommen sind, nicht aber um eine vertragliche Zustimmung zu diesen. Auch in unserem Fall wäre dem AN vielleicht noch zu helfen gewesen, denn eine aus Versehen abgegebene Erklärung kann man „anfechten“. Dann muss man einem Gericht aber auch überzeugend darstellen können, dass man nicht in dem Bewusstsein handelte, irgendetwas zu vereinbaren.
Schlünder Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
Mit 20 Rechtsanwälten, davon fünf Fachanwälten für Bau- und Architektenrecht, berät und vertritt die Sozietät Mandanten aus verschiedenen Branchen auf allen wichtigen Rechtsgebieten bundesweit. Die Sozietät hat sich auf das Bau- und Architektenrecht spezialisiert und vertritt Architekten und Ingenieure, ausführende Unternehmen und Bauherren in allen Fragen dieses Rechtsgebiets.
www.schluender.info