Berliner Energietage 2019
Eine Woche vor der Europawahl 2019 wurde im Rahmen der Berliner Energietage der aktuelle Stand der deutschen Energie- und Klimapolitik diskutiert. Drei Tage lang widmeten sich Energie- und Klimaexperten in knapp 60 Einzelveranstaltungen Themen wie der Einhaltung der Klimaziele 2030 (wenn es schon 2020 nicht klappt), dem zunehmenden Handlungsdruck durch die Bewegung „Fridays for Future“ und ein Grundkonsens darüber, wie Kosten, Ziele und Instrumente nicht aus dem Gleichgewicht geraten.
Auf die CO2-Bepreisung ging u.a. eine Veranstaltung des ZIA ein. Dass Klimaschutzaktivitäten konsequent auf die Größe CO2 ausgerichtet werden, wird als sinnvoll erachtet. Gleichzeitig muss ein mögliches künftiges CO2-Bepreisungsmodell die besonderen Rahmenbedingungen im Gebäudesektor berücksichtigen (Investor-Nutzer-Dilemma, langfristige Investitionszyklen, sozialer Ausgleich) und kann nur Teil eines Gesamtkonzepts sein. „Statt weiteren Dämmverfahren braucht es kreative und intelligente Ansätze für die Bewirtschaftung und den Betrieb von Immobilien – ohne dabei die Wirtschaftlichkeit auszuhebeln“, so ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. Durch Betriebsoptimierung lassen sich bei Wirtschaftsimmobilien etwa Energieeinsparungen von bis zu 40 % erzielen – zu vergleichsweise geringen Kosten mit kurzen Amortisationszeiten.
Eine von der Deutschen Umwelthilfe e.V. durchgeführte Veranstaltung fokussierte niedriginvestive Maßnahmen als einen Baustein zum Erreichen der Klimaziele im Gebäudebestand. Nach einer Keynote von Florian Pronold, parlamentarischer Staatssekretär im BMU, stellte Prof. Dr. Kati Jagnow von der Hochschule Magdeburg/Stendal geringinvestive Maßnahmen vor. Andreas Schüring vom BMWi berichtete zu Fördermöglichkeiten für Energieberatungen im Rahmen der Energieeffizienzförderung 2020.
Die Nationale Kontaktstelle (NKS) Energie hatte zu einer Podiumsdiskussion mit Impulsen von Vertretern auf europäischer, nationaler sowie Antragstellerebene zum Thema „Städte als Keimzellen der Energiewende“ eingeladen. In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass im Rahmen von „Horizon 2020“ die Marktnähe von Innovationen sowie die Bürger für die erfolgreiche Implementierung von Maßnahmen ausschlaggebend sind. Die Energiewende ist – auf europäischem wie auf nationalem Niveau – als systematische Umstrukturierung zu begreifen.
Über die Potentiale ölbeheizter Gebäude und flüssiger Energieträger im Rahmen der Energiewende informierte das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO). Nach der Einführung von Geschäftsführer Adrian Willig und einem Statement von Prof. Dr. Martin Neumann, Sprecher für Energiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion, machte Steffen Braun, Civey, anhand von Umfrageergebnissen klar, wie wichtig die Verbraucherakzeptanz beim Klimaschutz ist. Wie der Ölheizungsbestand die Klimaziele erreichen kann, ist auch Thema einer Studie des ITG Dresden, die Prof. Dr. Bert Oschatz vorstellte. Anhand von Praxisbeispielen zeigte Christian Halper, IWO, dass ölbeheizte Gebäude durch mehr Effizienz, Hybridisierung und zunehmend treibhausgasneutrale Brennstoffe durchaus eine klimaneutrale Perspektive haben.
Bei der ASUE-Veranstaltung „4 Elemente für eine erfolgreiche Quartiersversorgung“ wurde im Rahmen einer mit Herzblut geführten Diskussion deutlich, dass Uneinigkeit über den Kardinalsweg bei der Umsetzung besteht. Im Ergebnis stand aber fest: Es gibt ihn gar nicht. Die übertriebene Regulierung kritisierte Karl-Heinz Viets, Stadtwerke Augsburg: „Beim Ein- und Ausspeichern von Strom muss zweimal EEG-Umlage gezahlt werden. Das kann nicht sein!“ Am Ende bestand Konsens, dass keine Technologie per se ausgeschlossen werden darf und dass die zusammengefasste Quartiersversorgung die Energiewende im Bestand erst ermöglicht. Die Politik müsse die Weichen dafür schleunigst stellen.
Der Fachverband Gebäude-Klima e.V. (FGK) lud zum FGK-Energy-Talk, der sich mit dem europäischen Energiesparrecht und dessen Umsetzung in Deutschland befasste. Nach einem Impulsvortrag von Claus Händel, FGK, sowie einem Grußwort von Oliver Wittke, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, diskutierten Davide Polverini, Policy Officer bei der Europäischen Kommission, Pau Garcia-Audi, Policy Officer bei der Europäischen Kommission, Andreas Jung, Ministerialrat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, und Prof. Dr. Christoph Kaup, 1. Vorsitzender FGK, über energiesparrechtliche Vorgaben aus Brüssel und deren nationale Umsetzungsrisiken, wenn klimazonenrelevante Aspekte hinzukommen.
„Die Berliner Energietage bieten eine hervorragende Möglichkeit, komplexe Themen, wie das europäische Energiesparrecht und dessen Umsetzung in Deutschland vor einem großen Fachpublikum zu diskutieren“, resümierte FGK-Geschäftsführer Günther Mertz und ergänzte: „Die länder- und klimaspezifischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung werden uns noch einige Zeit begleiten, weshalb der Austausch zwischen Politik und Industrie elementar wichtig ist.“