Das aktuelle Baurechtsurteil: Mängelbeseitigung

Wer zahlt überzogene Mangelbeseitigungsmaßnahmen?

Ausführende Unternehmer, aber auch Architekten und Ingenieure, können für Mängel am Bauwerk ersatzpflichtig sein. Was aber gilt, wenn der Auftraggeber eine objektiv nicht erforderliche Mangelbeseitigungsmaßnahme durchführen lässt? Diesen gar nicht seltenen Fall hatte kürzlich – wieder einmal – der Bundesgerichtshof zu entscheiden.

Der Fall

Der Bauherr beauftragt einen Tischler mit der Fertigung von Fenstern für 24 Reihenhäuser. Schon während der Bauausführung kommt es zu Wasser- und Windeintritten im Bereich der Fenster, die der Tischler nicht beseitigen kann. Der Bauherr zieht einen Gutachter hinzu, der die Auffassung vertritt, die Fens­ter seien konstruktionsbedingt nicht dicht und müssten ausgetauscht werden. Dies macht der Bauherr und verlangt die Kosten der Ersatzvornahme von dem Tischlerbetrieb zurück.

In zwei Instanzen wird die Klage abgewiesen, denn der gerichtliche Sachverständige bestätigt entgegen dem Privat­gutachten, dass es für die Mangelbeseitigung ausgereicht hätte, lediglich die Falzdichtungen auszutauschen. Dies wäre mit geringen Kosten möglich gewesen.

Die Entscheidung

Der BGH hat dieses Urteil aufgehoben und dem Bauherrn Recht gegeben (BGH, Urteil vom 7. März 2013, VII ZR 119/10). Wer als Unternehmer oder Architekt/Ingenieur verpflichtet ist, die Beseitigungskosten für einen Mangel zu zahlen, muss auch das so genannte Prognoserisiko des Auftraggebers tragen. Hier hatte der Auftraggeber sich sachverständig beraten lassen, und es war ihm ein Austausch der Fenster als einzige Maßnahme empfohlen worden. In die Entscheidungssituation ist der Auftraggeber nur gelangt, weil nicht mangelfrei gearbeitet wurde und die Aufforderungen zur Nachbesserung nicht beachtet worden waren. Daher ist es nicht seine Schuld, wenn er – sachkundig beraten – Maßnahmen durchführt, die sich im Nachhinein als nicht erforderlich erweisen.

Der BGH gibt also der Klage statt, obwohl er davon ausgeht, dass die Mängelbeseitigungsmaßnahme fachlich unnötig bzw. überzogen war.

Der Kommentar

Die für viele überraschende Entscheidung kann leicht auf Sachverhalte aus dem Bereich der technischen Gebäudeausrüstung übertragen werden.

Es handelt sich bei dem Urteil inhaltlich gar nicht um etwas Neues. Der BGH vertritt diese Auffassung schon seit Jahren. Bis zu den unteren Gerichten durchgesetzt hat sich die Rechtsprechung aber immer noch nicht. Uns sind viele Fälle bekannt, in denen nach wie vor nur der tatsächlich objektiv erforderliche Betrag zur Mängelbeseitigung zugesprochen wird.

Das für den Tischler durchaus harte Urteil wird dadurch abgemildert, dass er zumindest einen Anspruch darauf hat, dass ihm der Auftraggeber Schadensersatzansprüche gegen die Berater abtritt, die zu der überflüssigen Maßnahme geraten haben.

Die Rechtsprechung, wie sie hier dargestellt ist, gilt im Übri­gen nur dann, wenn der Bauherr tatsächlich die Maßnahme schon durchgeführt und dafür Geld ausgegeben hat. Wird im Pro­zess darüber gestritten, wie
der Mangel zukünftig zu besei­ti­gen ist, kommt es selbstverständlich auf die tatsächlich erforderliche Maßnahme und deren Kosten an.

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