Das aktuelle Baurechtsurteil: Schwarzarbeit
Die Folgen der SchwarzarbeitAngeblich kommt das hin und wieder vor: Werkleistungen ohne Rechnung und mit dem Ziel, weder Umsatzsteuer noch Einkommensteuer hierauf zu zahlen. Bislang war dies – unabhängig von den steuerrechtlichen Folgen – zivilrechtlich ohne Belang. Der schwarz arbeitende Auftragnehmer konnte durchaus restlichen Werklohn einklagen, der Auftraggeber konnte Gewährleistungsansprüche geltend machen. So geht es künftig nicht mehr, seit der Bundesgerichtshof vor einigen Wochen Klartext gesprochen hat.
Der Fall:
Die Klägerin beauftragt den Beklagten mit der Ausführung von Pflasterarbeiten auf ihrem Grundstück. Dabei wurde, wie die Klägerin selbst behauptet, ein Werklohn in Höhe von 1800 € vereinbart und die Bezahlung in bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer besprochen. Als es später Absackungen im Pflaster gibt, nimmt die Klägerin den Handwerker auf Nachbesserung und später auf Schadensersatz in Höhe von ca. 6000 € in Anspruch.
Die Entscheidung:
Der BGH weist die Klage ab (Aktenzeichen VII ZR 6/13). Das Schwarzarbeitsgesetz sieht seit dem Jahr 2004 vor, dass (auch) derjenige verbotene Schwarzarbeit leistet, der Dienst- und Werkverträge ausführt oder beauftragt und dabei seine steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Es handelt sich um einen Vertrag mit verbotenem Inhalt, der nach § 134 BGB unwirksam ist. Ohne wirksamen Vertrag gibt es aber auch keine Gewährleistung. So einfach ist das.
Der Kommentar:
Es gehörte schon immer ein Stück Unverfrorenheit dazu, zuerst am Staat vorbei schwarzarbeiten zu lassen, dann aber wie selbstverständlich die staatlichen Gerichte in Anspruch zu nehmen, wenn es um Gewährleistung ging. Tatsächlich war dies bisher allerdings rechtlich möglich, Peinlichkeit hin oder her.
Die jetzige Ansage des BGH war klar und deutlich. Seitdem grübeln die Juristen, wie es in dieser Frage weitergeht. Hier ein kleiner Ausblick, der aufgrund der Aktualität jedoch nur die Auffassung des Verfassers wiedergibt. Eine Absicherung durch die Rechtsprechung steht weitestgehend noch aus.
Klar ist, dass es nicht mehr so weitergeht wie bisher. Solche „Ohne-Rechnung-Geschäfte“ wurden von der Rechtsprechung bisher als Nebenabreden eingestuft; man fragte dann, ob der Vertrag mutmaßlich auch ohne die Nebenabrede zustande gekommen wäre und bejahte das in aller Regel. Auf diesem Umweg konnte man den eigentlichen Kern des Werkvertrages retten und kam auch zu Gewährleistungsansprüchen. Damit ist es jetzt vorbei.
Ziemlich klar ist auch, dass diese Rechtsfolge schon eingreift, wenn nur teilweise eine Ausführung ohne Rechnung verabredet ist. Das hat jedenfalls das OLG Schleswig vor wenigen Wochen entschieden. Auch dann bestehen für den Gesamtvertrag keine Gewährleistungsansprüche.
Inwieweit kann umgekehrt ein Handwerker, der sich auf eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ eingelassen hat, aber dennoch seinen Werklohn verlangen? Wenn man konsequent ist, muss man hier sagen: Kein Vertrag, kein Geld. Vielleicht kommt das auch so.
Orientiert man sich an der bisherigen Rechtsprechung des BGH (Aktenzeichen VII ZR 336/89) aus dem Jahr 1990, liegt aber ein anderer Schluss näher. Schon früher gab es nämlich Verstöße gegen das damalige Schwarzarbeitsgesetz, nur dass es dabei um Verstöße z. B. gegen die Meisterpflicht (Eintragung in die Handwerksrolle) ging. Auch in diesen Fällen hat der BGH ein gesetzliches Verbot bejaht, so dass der Vertrag unwirksam war. Folglich gab es wirklich keine vertraglichen Zahlungsansprüche entsprechend der getroffenen Abrede.
Der BGH hat dann aber ausgeführt, dass es im Ergebnis unerträglich wäre, wenn der ja ebenfalls ungesetzlich handelnde Besteller den für ihn geschaffenen Wert ohne Gegenleistung behalten dürfte. Er hat also einen Anspruch des Handwerkers auf Wertersatz für möglich gehalten, wobei zu berücksichtigen war, dass eine solche Leistung wegen der mit der Schwarzarbeit verbundenen Risiken ganz erhebliche Abschläge zu machen seien. Insbesondere sei wertmindernd eben zu berücksichtigen, dass vertragliche Gewährleistungsansprüche vornherein nicht gegeben sind. Das wurde später einmal mit mindestens 15 % Abzug vom objektiven Wert der Leistung beziffert. Auch dürfen schon bekannte Mängel gegengerechnet werden.
Wenn der BGH seine damalige Rechtsprechung fortführt, wäre das auch bei der jetzigen Fallgruppe der Geschäfte ohne Rechnung so zu entscheiden, denn diese sind im Jahr 2004 vom Gesetzgeber gleichrangig in das Schwarzarbeitsgesetz eingeordnet worden.
Die Frage bleibt also spannend. Dass durch diese Unsicherheit nun große Teile der Bevölkerung von einer beliebten Praxis abgeschreckt werden, ist allerdings kaum anzunehmen. Die Rechtsprechung wird vermutlich auch in Zukunft solche Fälle zu entscheiden haben.
Kanzlei Schlünder Rechtsanwälte
Mit 17 Rechtsanwälten, davon fünf Fachanwälten für Bau- und Architektenrecht, berät und vertritt die Kanzlei Mandanten aus verschiedenen Branchen auf allen wichtigen Rechtsgebieten bundesweit. Die Kanzlei hat sich auf das Bau- und Architektenrecht spezialisiert und vertritt Unternehmen, Bauherren und Handwerksbetriebe in allen Fragen dieses Rechtsgebiets. www.schluender.info