Das aktuelle Baurechtsurteil
Verluste des Nachbesserungsrechts nur nach FristsetzungDas Nachbesserungsrecht ist die magna carta des Werkunternehmers. Er soll nach dem Willen des Gesetzgebers seine Fehler selbst ausbügeln können. Dazu muss ihm der Besteller auch Gelegenheit geben. Deshalb setzen Mängelrechte voraus, dass dem Werkunternehmer eine Frist zur Nachbesserung gesetzt wurde. Dass Fristen kein Selbstzweck sind, zeigt die Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig vom
19. September 2019, 8 U 74/18, die nun vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde.
Zum Fall
Der Kläger ließ von der beklagten Werkunternehmerin ein Blockheizkraftwerk errichten. Nachdem sich Mängel in Form von Undichtigkeiten, Kalkablagerungen und Korrosion zeigten, verlangte der Kläger von der Beklagten einen Vorschuss in Höhe der Kosten der Neuherstellung. Das Landgericht gab der Klage statt, nachdem ein gerichtlich bestellter Sachverständiger gravierende Mängel bestätigt und das Blockheizkraftwerk für nicht mehr reparabel gehalten hatte; eine Reparatur wäre nicht mehr wirtschaftlich. Dem trat die Beklagte entgegen. Sie verteidigte sich auch damit, ihr wäre keine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt worden; diese hielt der Kläger demgegenüber für entbehrlich. Das Landgericht gab dem Kläger Recht. Anders das Oberlandesgericht in der Berufungsinstanz.
Zur Entscheidung
Das Oberlandesgericht Braunschweig hält fest, dass Voraussetzung für die Geltendmachung eines Anspruchs sei, dass der Besteller dem Unternehmer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen muss, bevor er Kosten verlangen kann. An der Fristsetzung fehle es hier. So reiche nicht schon die schlichte Aufforderung zur Mängelbeseitigung; diese müsse vielmehr mit einer klaren Fristbestimmung verbunden sein. Die Erklärung des Bestellers solle nämlich dem Werkunternehmer verdeutlichen, dass er entscheiden muss, ob er die Folgen einer Verweigerung der Nachbesserung auf sich nehmen oder ob er sie durch eine fristgerechte Nachbesserung abwenden wolle. Nur ganz ausnahmsweise sei eine Fristsetzung entbehrlich, wenn etwa die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert würde. An eine solche Erfüllungsverweigerung seien aber sehr strenge Anforderungen zu stellen. Das Verhalten des Unternehmers müsse die Annahme rechtfertigen, dass es ausgeschlossen erscheine, er werde sich von einer Fristsetzung zur Mängelbeseitigung bewegen lassen. Im bloßen Bestreiten von Mängeln liege nicht ohne Weiteres eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung, denn das Bestreiten sei ein prozessuales Recht des Schuldners. Damit hatte die Klage letztlich keinen Erfolg. Der Kläger ging noch in die Revision, ebenfalls ohne Erfolg; der Bundesgerichtshof wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück.
Praxishinweis
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig zeigt einmal mehr, dass ein Unternehmer sein Nachbesserungsrecht so schnell nicht verliert. Eine Fristsetzung ist in den seltensten Fällen entbehrlich. Dies gilt im Grundsatz auch für Ingenieure und Architekten, so lange diese eine etwa fehlerhafte Planung noch selbst nachbessern können. Wenn sich die fehlerhafte Planung indes im Bau „verkörpert“ hat, geht das allerdings nicht mehr. Festzuhalten ist: Rechte durchsetzen kann der Besteller grundsätzlich erst, wenn er dem Unternehmer eine Frist zur Nachbesserung gesetzt hat. Umgekehrt muss der Unternehmer die Fristsetzung ernst nehmen; denn er läuft Gefahr, dann sein Nachbesserungsrecht endgültig zu verlieren.
Schlünder Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
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