Das aktuelle Baurechtsurteil
Haftet der Architekt auch für fehlerhafte Fachplanung?Viele Köche verderben bekanntlich den Brei. Aber so einfach ist es in der komplexen Gebäudeplanung wahrlich nicht. Ohne diverse Spezial- und Fachplaner lässt sich eine gute Planung gar nicht mehr abliefern. Eine interessante Entscheidung des OLG Köln beleuchtet die Frage, wie weit die Verantwortung des Objektplaners (Architekten) für Defizite und Fehler in den Fachplanungen geht.
Sachverhalt
Der Bauherr beauftragt einen Architekten mit Planungsleistungen der Objektplanung. Das denkmalgeschützte Gebäude, aus dem eine Verbandszentrale werden soll, wird um zwei Geschosse aufgestockt. Diese Geschosse erhalten eine Doppelfassade aus Glas sowie eine Glasdachkuppel. Die äußere Glasfassade erhält eine Sonnenschutzverglasung und ist mit beweglichen Metalllamellen als Sonnenschutz im Scheibenzwischenraum ausgestattet. Die innere Glasfassade besteht aus Einscheibensicherheitsglas. Dazwischen ist ein begehbarer, durchlüfteter Fassadenzwischenraum. Für die Bereiche Glasfassade, Tragwerksplanung, Fassadenplanung, technische Ausrüstung, bauphysikalische Beratung und planerische Simulationen beauftragt der AG verschiedene Sonderfachplaner. Später kommt es zu problematischen klimatischen und schalltechnischen Verhältnissen. Ein Sachverständiger stellt fest, dass die Kühldecken unterdimensioniert seien. Ferner komme es zu einer „Strahlungsasymmetrie“, welche die thermische Behaglichkeit vermindere. Auch überschreiten die Bodenkonvektoren bei Volllast mit 47,9 dB(A) den höchstzulässigen Schalldruckpegel von 35 dB(A). Die Konstruktion der Fassade entspreche nicht den anerkannten Regeln der Technik, besonders bezüglich der Sonnenschutzelemente im Scheibenzwischenraum. Der Bauherr verlangt (nicht von den Fachplanern, sondern) vom Architekten Schadensersatz für die Mängelbeseitigung und merkantilen Minderwert.
Entscheidung
Das OLG Köln weist die Klage auch in der Berufung ab (Beschluss vom 17. Juni 2020, Az. 19 U 223/19 – inzwischen rechtskräftig). Jedenfalls fehlt es an dem für eine Haftung erforderlichen Verschulden. Wenn ein Architekt Sonderfachleute hinzuzieht, weil er die Spezialmaterie selbst nicht beherrscht, haftet er nur, wenn der aufgetretene Mangel auf seinen Vorgaben beruht, wenn er erkennbar untaugliche Sonderfachleute auswählt oder wenn er deren Beiträge nicht nach dem Maß der von ihm als Architekten zu erwartenden Kenntnisse überprüft. Nach diesem Maßstab konnte der Architekt die Planungsbeiträge der Sonderfachleute im konkreten Einzelfall nicht als mangelhaft erkennen. Er haftet auch nicht allein dafür, dass er eine anspruchsvoll zu planende Glaskonstruktion vorsah, mit der er den Planungswettbewerb gewann.
Praxishinweis
Der Architekt hat auch die Aufgabe, die verschiedenen Fachplanungen in sein Gewerk zu integrieren. Die Gesamtplanung war hier mangelhaft, auch von der Objektplanung würde man dies in der juristischen Fachsprache sagen, weil das Ziel natürlich ein funktionierendes Gebäude war und verfehlt wurde.
Info
Schlünder Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
Mit 19 Rechtsanwälten, davon sechs Fachanwälten für Bau- und Architektenrecht, berät und vertritt die Sozietät Mandanten aus verschiedenen Branchen auf allen wichtigen Rechtsgebieten bundesweit. Die Sozietät hat sich auf das Bau- und Architektenrecht spezialisiert und vertritt Architekten und Ingenieure, ausführende Unternehmen und Bauherren in allen Fragen dieses Rechtsgebiets.