Exklusiver Online-Beitrag: Deutschlands Bäder
Eine Studie zur BadausstattungIndividualität geht den Deutschen im neuen Bad (fast) über alles. Wie es um ihre sanitären Befindlichkeiten sonst noch bestellt ist, weiß die Branche dank des jüngsten Marktforschungsprojektes ihres Dachverbandes jetzt ebenfalls. Zum inzwischen 6. Mal ermittelte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) für die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) umfangreiche Basisinformationen zur Badsituation der Bundesbürger.
Die für 36,5 Mio. Privathaushalte repräsentative Studie – für die wieder 2000 Haushalte in Deutschland intensiv befragt wurden – sorgt nach der letzten vergleichbaren Erhebung aus dem Jahr 2006 für ein statistisches Update und ermöglicht zudem mehr oder minder tiefe Einblicke in badbezogene Erwartungen, Meinungen und Wünsche der Verbraucher. Was Überraschungen ebenso offenbart wie es langfristige Tendenzen bestätigt. So lautet das Resümee der VDS, die das Material nach Aussage von Geschäftsführer Jens J. Wischmann mit „erheblichem Zeit- und Arbeitsaufwand“ analysierte und aufbereitete.
Studienergebnisse zur Nutzung
2011/2012 verfügt jeder deutsche Privathaushalt zumindest über ein Bad. Insgesamt stieg die Zahl der „Hauptbäder“ seit 2006 um über 2 auf 44,2 Mio. 40 % (nach 45 %) der Haushalte haben laut Studie ein separates WC bzw. eine Gästetoilette.
Den häufiger gemeldeten Trend zu größeren Bädern beweist die Untersuchung nicht. Vielmehr liegt der aktuelle Durchschnittswert von 7,8 m2 exakt auf dem für 2006 ermittelten Niveau. Nach wie vor scheitern danach noch 28 % und damit 12,4 Mio. Erstbäder an der 6 m2-Hürde. Immerhin überwinden inzwischen 27 % (knapp 12 Mio.) die „Schallmauer“ von 10 m2.
21,5 Mio. Erstbäder wurden seit dem Bau bzw. Bezug des Hauses noch nicht renoviert. Ihr Durchschnittsalter beträgt fast zwei Jahrzehnte (19,2 Jahre). 27 % oder 5,8 Mio. seien sogar seit mehr als 25 Jahren nicht mehr erneuert worden.
Das statistische deutsche Durchschnittsbad nutzen täglich knapp zwei Personen. Dafür ist primär der Anstieg der Ein-Personen-Bäder (41 %) verantwortlich, der damit auch die generell wachsende Bedeutung von Single-Haushalten manifestiert. In fast 7 Mio. Haushalten (19 %) müssen sich aber auch drei und mehr Familienmitglieder das Bad teilen – mit den damit oft verbundenen „stressigen“ Begleiterscheinungen. n
Im Bad halten sich die Deutschen heute im Mittel täglich 40 min und damit 4 min länger als 2006 auf. Ein gutes Drittel (35 %) lässt sich für die Körperpflege und -reinigung sogar bis zu 60 min Zeit. Das gelte besonders für die Erst- und damit gleichzeitig Hauptnutzer des Bades.
In knapp 4,4 Mio. Haushalten kommt es den GfK-Recherchen zufolge „täglich“ bzw. „ab und zu“ in der morgendlichen Rushhour zu Engpässen im Bad. 74 % begründen das mit der Existenz nur eines Badezimmers, während 42 % darauf verweisen, dass alle Bewohner gleichzeitig das Haus verlassen müssen.
Blick auf die Badausstattung
Das „einheitliche Design“ ihrer Bäder bejahen vier von fünf Deutschen. Die entsprechende Quote erhöhte sich im letzten Jahrzehnt von 77 % (2001) über 79 % (2006) auf nun 83 %. In fast jedem Erstbad gibt es der Studie zufolge ein Waschbecken mit Armatur, Toilettenspülung und -schüssel sowie Zubehör. Dahinter rangieren Badmöbel, Heizkörper sowie eine Badewanne mit den entsprechenden Armaturen und Brausen. Eine separate Dusche findet sich danach in gut der Hälfte der Bäder. Urinale (6 %) und Bidets (13 %) müssen sich dagegen mit einer relativ schwachen Präsenz begnügen.
Nach den GfK-Erhebungen nahmen von 2009 bis 2011 41 % der Haushalte (15 Mio.) Badanschaffungen vor. Diesen durchaus hohen Anteil will die VDS jedoch nicht überbewerten, da allein die Hälfte davon auf den Kauf lediglich eines Produktes entfiel. Das Ranking führen u. a. Accessoires, Waschbeckenarmaturen, Badmöbel und Brausen an.
Bei der Selbsteinschätzung ihrer vorhandenen Bäder blieben die Deutschen ihrer „nüchternen Tradition“ treu. Erneut setzten sie die Eigenschaft „zweckmäßig-funktional“ mit 88 % (nach 87 %) auf Platz 1 vor dem „pflegeleichten“ Bad (69 %). Komplett anders nach wie vor die Einstufung beim Status „fitness- und wellnessorientiert“: Für magere 3 % trifft das derzeit eher bzw. voll und ganz zu. Aber auch den „neuesten technischen Stand“ wollen nur 26 % ihrem eigenen Bad gegenwärtig zubilligen.
Eher pragmatisch sehen die Deutschen ihr Wunschbad. Es soll in erster Linie pflegeleicht (96 %) und zweckmäßig-funktional (90 %) sein. Bereits knapp dahinter folgt die altersgerechte Ausstattung. Sie steht bei inzwischen 88 % der Bevölkerung auf der Wunschliste, während lediglich 42 % diese Kategorie ihrem Ist-Bad zuordnen. Aktuelle technische Raffinessen (64 %) landen auf Platz 4, liegen damit aber klar vor der „sehr designbetonten“ Einrichtung (36 %).
Marktaussichten und altersgerechte Bäder
In den nächsten ein bis zwei Jahren planen laut Studie 4 Mio. Haushalte Anschaffungen im Bad. Dabei favorisieren 36 % bzw. 1,4 Mio. Haushalte eine komplette Renovierung.
Gemeinsam mit Wohnzimmer und Küche liegt das Bad bei den Bundesbürgern vorn, wenn es um Wohnbereiche geht, die künftig wichtiger bzw. viel wichtiger werden. Auch das unterstreicht nach VDS-Auffassung die günstigen Rahmenbedingungen für die Sanitärbranche und damit die Erfolgsaussichten einer aktiven Publikumsansprache.
Bei den für die Verbraucher bedeutendsten Kaufkriterien wanderten die Medaillen abermals an „lange Haltbarkeit“ (91 %), „aktuelles Design“ (83 %) und „beste Technik/Funktionalität“ (82 %). Erst dann komme der „günstige Preis“ (66 %) zum Zug.
Deutsche Markenprodukte punkten bei den Bundesbürgern nach wie vor primär mit einer hohen Lebensdauer, ausgereifter Technik und einem guten Design.
Aufschlussreiche Ergebnisse lieferte ferner ein Sonderkapitel der Untersuchung, das sich mit Blick auf die einschneidenden Konsequenzen des demografischen Wandels nach VDS-Meinung „geradezu aufdrängte“. Es gehe um altersgerechte Bäder, die man im Übrigen besser generationengerechte Bäder nennen solle, zumal sie sich in puncto Ästhetik, Komfort und Raumgestaltung mit „normalen“ Bädern längst messen könnten.
„Altersgerechte“ Bäder dürften – so ein zentrales Fazit der Studie – in den nächsten Jahren einen anhaltenden Renovierungsboom erleben und sich damit wirklich zu einem „Markt“ entwickeln. Derzeit glauben noch nicht einmal 30 % der Bundesbürger, dass sich ihr vorhandenes Bad auch für ältere Menschen ohne (größere) Schwierigkeiten eignet. Gut 70 % melden hier mehr oder weniger gravierende Zweifel an.
Fazit
Die Revolution im Bad ist bisher ausgeblieben. Dennoch gibt es große Potentiale, wie schon aus dem hohen Durchschnittsalter der weit über 20 Mio. noch nicht renovierten Erstbäder ersichtlich ist. In fast 7 Mio. Haushalten müssen sich drei und mehr Familienmitglieder das Bad teilen. Zum Abbau der damit oft verbundenen ‚stressigen’ Begleiterscheinungen können gezielte Umbauten oder neue Zweitbäder konkrete Beiträge leisten. Im Gegensatz zu früheren Hoffnungsträgern entwickeln sich altersgerechte Bäder offenkundig zu einem realen Trend.