Digitalisierung verlangt Disziplin
Die Digitalisierung macht es möglich, dass die Bauwirtschaft und die Gebäudetechnik effizienter zusammenarbeiten. Voraussetzung dafür ist, dass jede Seite versteht, wie die andere arbeitet. Der VDMA hatte am 19. März 2018 die BIM-Cluster Hessen und Rheinland-Pfalz zu einem umfassenden Gedankenaustausch nach Frankfurt eingeladen.
„Wir wollten die Wertschöpfungskettenakteure miteinander in Kontakt bringen“, sagte Dr. Thomas Schräder, Geschäftsführer des VDMA-Fachverbands Allgemeine Lufttechnik. Über 100 Fachleute der Bauwirtschaft waren der Einladung gefolgt, um mit Vertretern des Maschinenbaus die Möglichkeiten zu diskutieren, die sich durch Building Information Modeling (BIM) ergeben.
„Aus unseren Produkten entsteht beim Einbau in Gebäuden ein komplexer, oft automatisierter Technologieverbund. Architektur und Gebäudetechnik besser in einer frühen, d.h., parallelen Planungsphase aufeinander abzustimmen, wäre ein enormer Gewinn bei der Anwendung digitaler Methoden wie BIM“, sagte Dr. Thomas Schräder. Die Wertschöpfungsketten des Maschinen- und Anlagenbaus seien bereits sehr gut aufeinander abgestimmt. Von Komponenten bis Gesamtanlagen finde auf allen Ebenen Optimierung in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Energieeffizienz statt. „Diese DNA des Maschinenbaus gilt es beim Eintritt in die Wertschöpfungskette Bau mitzunehmen“, sagte der VDMA-Geschäftsführer. Aus diesem Grund engagiert sich der VDMA in den beiden BIM-Clustern.
Für Eberhard Dux, technischer Leiter der Planungsgruppe M+M AG aus Böblingen, ist BIM die Zukunftsmethode im Bauwesen schlechthin. „BIM ist nicht nur Software. BIM bedeutet vielmehr, dass alle Projektbeteiligten lernen, anders miteinander umzugehen“, sagte er. Eberhard Dux zeigte sich überzeugt, dass sich offene Systeme gegenüber geschlossenen Systemen künftig durchsetzen werden. „Die durchgehende Digitalisierung in der Projektierungs-, Planung-, Bau- und Betriebsphase bietet perspektivisch erhebliche Effizienzpotentiale bei größeren Bauvorhaben. Hierdurch wird eine neue Qualität der Zusammenarbeit am Projekt ermöglicht“, sagte Eberhard Dux voraus. Konkret bedeute BIM die Chance, dass alle Seiten kollisionsfrei an einem Projekt arbeiten können, und zwar schon von Beginn an. Gerade in der TGA bringe BIM erhebliche Erleichterungen.
Messbare Einsparungen
Das im Rohbau fertige neue Klinikum Frankfurt Höchst wurde sowohl in der Planungs- als auch in der Bauphase mit BIM realisiert.
„Bei Planung und Bau von hochinstallierten Großprojekten kommen Architektur und TGA zur gleichen Erkenntnis – eine Kollisionsprüfung durch den Einsatz von BIM unterstützt den Projekterfolg maßgeblich“, sagte Stephanie Lorey von der am Projekt beteiligten wörner traxler richter Planungsgesellschaft, die schon 80 % ihres Umsatzes mit BIM-Projekten erwirtschaftet.
Auch der spätere Betrieb wurde mit BIM simuliert – mit messbaren Erfolgen. Die in der Planung simulierten und berechneten Werte für das Raumklima zeigen mittels Gebäudesimulationsprogramm für die annähernd 3.000 Räume in der Betreiberphase eine Abweichung von unter 10 %.
Im Falle der gemeinsamen Planung des Klinikums Frankfurt Höchst war es möglich, den vom Architekten an die TGA übermittelten Plan für die weiteren Eingaben zu verwenden. Dies stellt häufig noch eine Herausforderung dar.
Wichtig sei nicht nur das reibungslose Funktionieren, sondern das gegenseitige Vertrauen aller Projektbeteiligten.
BIM erfordert von allen Projektbeteiligten sowie auf Bauherrenseite deutlich mehr Disziplin als herkömmliche Verfahren. Die anfangs intensivere Auseinandersetzung mit dem Gebäude zahlt sich jedoch aus, sind die Planer des Klinikums Frankfurt-Höchst überzeugt. „Planungsfehler werden vermieden. Darüber hinaus ermöglicht BIM erhebliche Einsparungen in der Betriebsphase“, erklärte David Tocü von der Inviscotec/brendel Ingenieure GmbH, Mitbeteiligte am Projekt Klinikum Frankfurt-Höchst.
Auch bei Herstellern von Gebäudetechnik ist BIM ein wichtiges Thema, gilt es doch, den Planern BIM-kompatible, digitale Produktdaten zur Verfügung zu stellen.
Der Lüftungs-/Klimatechnikanbieter BerlinerLuft schuf eigens eine interne, zentrale Stelle für die Digitalisierung. „Das hat die Geschäftsführung entschieden, weil sie die Wichtigkeit und Zukunftsfähigkeit erkannt hat“, sagte Dr. Jan Pomplun, der diese Stelle als Chief Digital Officer leitet.
BIM dem Nachwuchs nahebringen
„Das Wichtigste bei BIM ist, die gesamte Wertschöpfungskette mitzunehmen und alle Akteure frühzeitig einzubinden“, fasste Dipl.-Ing. (FH) Wilhelmina Katzschmann als Sprecherin des BIM-Clusters Rheinland-Pfalz die Diskussion zusammen. BIM werde das Bauen nachhaltig beeinflussen. Es sei nötig, ein Netzwerk aufzubauen, in dem sich alle Beteiligten austauschen können. Wichtig sei es auch, den beruflichen Nachwuchs früh mit BIM bekanntzumachen. Gut war es daher, dass auch eine Gruppe von Studenten der Fachrichtungen Bauingenieurwesen, Bauwirtschaft und Baubetrieb der TU Kaiserslautern an der Veranstaltung teilnahm, um vom Erfahrungsaustausch zu profitieren.