Energiewende gestalten, nicht herbeireden
Drei Tage lang, vom 7. bis 9. Mai 2018 wurde auf den Berliner Energietagen intensiv über die Energiewende in Deutschland referiert, gesprochen und diskutiert. Das Fazit, das sich am Ende der Veranstaltung aufdrängte, war eindeutig: Die politischen Entscheider in Berlin sollten mehr tun und weniger reden. Denn mit Appellen allein ist keine Wende zu gestalten!
An den drei Tagen der Berliner Energietage beleuchteten insgesamt 350 Referenten in 57 Einzelkongressen, auf Podiumsveranstaltungen und in Workshops verschiedene Aspekte der Energiewende in Deutschland und gaben so einen breiten Überblick über die immer noch nicht sonderlich großen Fortschritte Deutschlands auf dem Weg zu einer klimaneutralen Gesellschaft. Noch immer wird über den einzig gangbaren Weg diskutiert, um möglichst alle Ziele auf einmal zu erreichen. Dabei zeigte sich deutlich, dass viele kleine Schritte, wie sie zu verschiedenen Projekten – erwähnt seien die vorgestellten Projekte Passivhaussiedlung Bahnstadt Heidelberg oder die Wohnanlage Lichterfelde Süd in Berlin – präsentiert wurden, durchaus große Potentiale bieten. Deutschland braucht deutlich mehr solcher Projekte, am besten gleich mindestens eines in jeder Kommune, um die Energiewende auf den Weg zu bringen.
Mehr Druck erforderlich
Thorsten Herdan, BMWi, wurde in seiner Rede zum Stand der Wärmewende in Deutschland deutlich: „Es braucht noch einigen an Druck aus Wirtschaft und Gesellschaft, um aus dem, was im Koalitionsvertrag unter einem ,Wollen‘ steht, ein ,Werden‘ wird.“ Er forderte konkret dazu auf, der Politik mehr verständliche Bilder zu geben. So seien Angaben in Tonnen CO2 für sehr viele Menschen nur schwer zu verstehen. Wenn aber erklärt werde, dass wir in zehn Jahren den umgerechneten CO2-Ausstoß des kompletten Gebäudebestands in Deutschland einsparen müssen, würden die hohen Anforderungen, die unsere Gesellschaft zu bewältigen hat, deutlich. Thorsten Herdan forderte zudem: „Wir dürfen keine Pfade zuschütten, bevor wir sie untersucht und geprüft haben“, und sprach sich so für eine Diversifizierung bei den Lösungen zur Umsetzung der Wärmewende aus. Letztlich ginge es um die Frage: „Wie können Gebäude als Kraftwerke funktionieren?“ Dabei müsse künftig auch eine weitere Frage gestellt werden dürfen: „Braucht CO2 einen Preis?“
Gemeint ist der durch technische Prozesse erzeugte CO2-Ausstoß. Eine CO2-Bepreisung könnte diesbezüglich ein kosteneffizientes Instrument zur Reduktion der CO2-Emissionen sein, wenn sie in ein länder- und sektorenübergreifendes System eingebettet ist. Zu diesem Schluss kommt auch ein Gutachten des IW Köln im Auftrag des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss. Für den Gebäudesektor könnte sich durch ein System der CO2-Bepreisung die Chance bieten, Preissignale stärker an CO2-Emissionen auszurichten. „Die CO2-Bepreisung ist im Verhältnis zum Ordnungsrecht ein relativ marktwirtschaftliches Instrument, das künftig zur Reduktion von Treibhausgasemissionen für die Immobilienwirtschaft herangezogen werden könnte“, sagt Thomas Zinnöcker, Vizepräsident beim ZIA und Vorsitzender der ZIA Task Force Energie. „Voraussetzung hierfür sind jedoch die passenden Rahmenbedingungen unter Beachtung der komplexen Wirkungsketten. Eine CO2-Bepreisung kann dann eine kostenminimale und somit wirtschaftliche Lösung darstellen, wenn sie technologieoffen und marktgerecht ausgestaltet ist.“
Wie Wärmenetze erfolgreich dekarbonisiert werden können, also den Ausstoß an CO2 verringern können, wird mit dem Förderprogramm des BMWi „Wärmenetzsysteme 4.0“ untersucht. Demnach können Wärmenetze eine zentrale Stelle zur Kopplung von Wärme- und Stromsektor sein. Dabei geht die Tendenz eindeutig in Richtung kalter Wärmenetze, von denen eines in Malmö unter Mitwirkung von E.ON umgesetzt wird. Für konkrete Projekte heißt dies, dass das auf die jeweilige Anforderung passende Temperaturniveau ermittelt und dann geschaut wird, wie dieses bei möglichst niedrigen Temperaturen und mit so wenig Energieeinsatz wie möglich zu erreichen ist. In Verbindung mit den Wärme- und auch Kältenetzen können saisonale Speicher eingebunden werden. Um die Effizienz umgesetzter Maßnahmen zu überprüfen und ggfs. zu verbessern, sollten grundsätzlich ein Monitoring oder ähnliche Maßnahmen der Qualitätssicherung durchgeführt werden. Darauf wiesen gleich mehrere Referenten der Berliner Energietage hin.
Fazit
Die Berliner Energietage zeigten eines deutlich: Noch sortiert sich das politische Berlin, nach wie vor fehlt ein klares Konzept, um die Energiewende zu beschleunigen, und es wird viel zu viel diskutiert. Es ist Druck aus der Gesellschaft gefragt, denn vereinzelt wurde schon gesagt, dass die Begriffe „Energieeffizienz“ und „Energiewende“ bereits so weit verbrannt seien, dass sie nicht mehr glaubhaft seien. Daher brauchen wir einen Ruck, eine neue Aufbruchstimmung, die eine Entwicklung ins Positive erzeugt. Wann, wenn nicht in wirtschaftlich guten Zeiten, kann eine solche Entwicklung ernsthaft angegangen werden. Um die Energiewende voranzutreiben, braucht es, ganz konkret formuliert, verlässliche Rahmenbedingungen und diese nicht nur kurzfristig, klare Finanzierungskulissen und vor allem sehr viel Engagement und das von noch mehr Menschen als bisher.
Der Kältepreis
Auf den Berliner Energietagen wurden die Preisträger für den vom Bundesumweltministerium ausgelobten Deutschen Kältepreis 2018 (www.klimaschutz.de/kaeltepreis) ausgezeichnet.
Die Gewinner
Kategorie 1: Kälte- oder klimatechnische Innovation
1. Die Epta Deutschland GmbH, Ganzjährige Effizienzsteigerung einer transkritischen CO2-Anlage
2. EAW Anlagenbau GmbH, Wasser/Lithiumbromid-Absorptionskälteanlage
3. Bitzer Kühlmaschinen GmbH, Intelligenter „Ecoline+“-Kältemittelverdichter für CO2
Kategorie 2: Energieeffiziente Kälte- und Klimaanlagen mit indirekter Kühlung
1. Die Menerga GmbH, Hybride adiabate Verdunstungskühlung
2. Viessmann Kühlsysteme GmbH, „ESyCool Green“ – Nachhaltiges Integralsystem
3. Cool Expert GmbH, Integrales Kälte- und Wärmepumpensystem (natürliche Kältemittel)
Kategorie 3: Intelligentes Monitoring von Kälte- und Klimaanlagen
1. Die CoolTool Technology GmbH, „CoolTool“-Monitoring-System“
2. Aldi Süd Dienstleistungs- GmbH & Co. oHG, Intelligentes Monitoring der Verbundkälteanlagen bei Aldi Süd