Digitale Vernetzung in Produktion und Gebäude

Hannover Messe 2015

Eine weitere industrielle Revo­lu­tion steht derzeit an. Es geht um die digitale Vernetzung in der Produktion. Die dafür notwendigen Daten müssen sicher und zuverlässig zwischen Entwicklung und Produktion ausgetauscht werden. Weitere notwendige Daten kommen aus der Energieversorgung und der Gebäudetechnik.

Es müssen alle Produktionsbedingungen stimmen. Und das sind in vielen Fällen auch die Temperatur im Raum sowie Luftqualität, und das nicht nur in der Reinraumproduktion, oder auch die Luftfeuchte. Dazu werden Energie, Wasser, Druckluft u.v.m. benötigt, um die Produktion am Laufen zu halten.

Diese Verknüpfungen zwischen der Produktionsumgebung und der eigentlichen Produktion ist ein wichtiges Thema, das in die industrielle Veränderung, meist kurz Industrie 4.0 genannt, eingebunden sein muss. Das diesjährige Leitthema der Hannover Messe (13. bis 17. April 2015) „Integrated Industry – Join the Network!“ nimmt darauf Bezug.

Industrie 4.0 wird Realität

Die Energienetze müssen in Zukunft Strom, Gas und Wärme aus den verschiedenen Energie­quellen so aufeinander abstimmen, dass die vorhandenen Kapazitäten optimal genutzt werden. Die Antwort auf diese Herausforderungen lautet Inte­grated Industry – die digitale Vernetzung in der Industrie.

Wesentliche Herausforderungen sind etwa allgemeine Standards für die Machine-to-Machine-Kommunikation, die Frage der Datensicherheit oder die Suche nach dem Geschäftsmodell der Zukunft . Dafür müssen sich Maschinenbau, Elektrotechnik sowie IT austauschen und kooperieren.

Auch die gesellschaftspolitische Dimension wird thematisiert. Die Arbeitsabläufe und Anforderungen in den Unternehmen werden sich verändern. Die Aufbereitung und Nutzung von Daten rücken in den Mittelpunkt neuer Geschäftsmodelle. Das betrifft vor allem den Menschen.

Energiewende als Herausforderung

Eine sinkende Qualität des deutschen Stromnetzes käme der „4. industriellen Revolution“ überhaupt nicht gelegen. Doch mit der Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien steigt das Risiko von Frequenzschwankungen, Spannungsspitzen und kurzen Blackouts. Laut dem System Average Interruption Duration Index (SAIDI) der Bundesnetzagentur nimmt die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung je Netzverbraucher seit 2009 zu. 2012 erreichte der Wert rund 16 min – Miniblackouts von unter 3 min gar nicht mitgerechnet. Um eine annähernd konstante Stromqualität zu garantieren, mussten die Netzbetreiber im Jahr 2013 doppelt so oft eingreifen wie vor der Energiewende.

Zwar stuft der Monitoring-Bericht der Bundesregierung vom Juli 2014 die Versorgungssicherheit als „sehr hoch“ ein. Noch immer habe Deutschland die zuverlässigsten Netze Europas. Und laut dem Europäischen Verbund der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) ist auch Europas Elektrizitätsversorgung bis 2025 jederzeit gesichert. Doch Risiken müssen minimiert werden. Nach Berechnungen des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) könnte ein einstündiger, flächendeckender Stromausfall Deutschland fast 600 Mio. € kosten.

Speichertechnologien

Die Stimmung in der Speicherbranche gilt derzeit als rundherum gut. Das gilt auch für die Akteure, die sich mit dem Thema Wasserstoff, das sich in Halle 27 präsentiert, beschäftigen. Das Energiespeicherprojekt „Energiepark Mainz“, an dem sich Linde zusammen mit den Stadtwerken Mainz, Siemens und der Hochschule RheinMain beteiligt, zeigt dies exemplarisch. In dem im Mai 2014 gestarteten Pilotvorhaben werden mit einer gemeinsam entwickelten Anlage künftig größere Mengen Wasserstoff durch Strom aus in der Region erzeugten erneuerbaren Energien (Wind, Solar) hergestellt. Anschließend wird der Wasserstoff vor Ort gelagert, in Tankwagen gefüllt oder zur späteren Strom- bzw. Wärmeerzeugung direkt ins Erdgasnetz eingespeist. Wenngleich im Fall „Energiepark Mainz“ die weitere Umformung des Wasserstoffs mit Kohlendioxid zu Methan nicht angewandt wird, ist dies, falls größere Mengen ins Gasnetz eingespeist werden sollen, eine durchaus denkbare Speicherva­riante. Darüber hinaus könnte das erzeugte Methan alternativ auch als Kraftstoff für gasbetriebene Autos verwendet werden.

Welche Speichertechnologie am Ende die Nase vorne haben wird, hängt letztlich von den Kos­tenreduk­tions­poten­tialen ab. Es wird mittelfris­tig wohl eine Vielfalt von Lösungen geben, je nach Standort und Art des Einsatzes. Sicher ist jedenfalls, dass die gegenwärtige Energiewirtschaft im Zuge der Energiewende einen tiefgreifenden Wandel meistern muss: Der nicht nur in Deutschland eingeläutete Ausstieg aus der fossilen Ener­giewirtschaftsära lässt die „smarte“ Integration und zugleich effiziente Vernetzung von Strom, Wärme, Mobilität, Netze und Speicher dringend erforderlich werden.

Reine Luft in der Produktion

Neben der Lichttechnik und Pro­zess­wasser­behandlung steht die Lufttechnik im Zentrum des Ausstellungsbe­reiches „Umwelttechnik & Ressourceneffizienz“. In ganz unterschiedlichen Bereichen der industriellen Pro­duktion müssen die Abluft und/oder die Umgebungsluft aufberei­tet werden. Das Spektrum reicht von Chemiebetrieben und Labors über weite Bereiche der Metallverarbeitung sowie der Composite-Fertigung bis hin zu Lackieranlagen und anderen Technologien der Oberflächenbehandlung.

Insbesondere in der Lackiertechnik ge­hören lufttechnische Anlagen zu den größten Energieverbrauchern. Das ist ein hinreichen­der Grund, um die Ressourceneffi­zienz als entscheidenden Faktor bei der Auswahl von Anlagen und Komponenten anzusetzen. Denn in der Lufttechnik gibt es wirksame Möglichkeiten, um den Energiebedarf in der Produktion zu beeinflussen.

Die neuesten Generationen von Abluft­reinigungsanlagen dürften auf großes Inte­resse stoßen, da die EnEV 2014 (EU) beziehungsweise das EnEG 2013 (Deutschland) zwingend die Nutzung von Wärmerückgewin­nungs­einrichtungen bei RLT-Anlagen ab einem Volumen­strom von 4000 m3/h fordern. Die EU-Verordnung hat die Energieeinsparung und damit Kosteneinsparung zum Ziel.

Industrie 4.0 und die Energiewende

Auf der Kombination aus Energie- und Kommunikationsnetzen, sprich den „Smart Grids“, lasten enorme Erwartungen: Sie soll die wachsende Zahl dezentraler Energieerzeuger einbinden, Lastspitzen im Stromnetz vermeiden, E-Fahrzeuge und Verbrauchsgeräte im „Smart Home“ integrieren und Versorgungssicherheit herstellen.

Probleme beim „Smart Grid“-Aufbau sieht der Geschäftsführer des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft e.V. (bne), Robert Busch: „Die Vision ist eine Art Internet der Energie, in dem Wind- und Solaranla­gen, Speicher, dezentrale Kraftwerke und flexible Verbraucher wettbewerb­lich inter­agieren. Die Unternehmen der neuen Ener­gie­wirtschaft arbeiten dafür an Geschäftsmodellen, die sie auch im Smart Grids-Forum der Hannover Messe prä­sentieren werden.“

Als Interessenvertretung netzunabhängiger Energieanbieter in Deutschland ist der bne neuer Partner des „Smart Grids-Forum“, das er gemeinsam mit VDE, ZVEI und GTAI organisiert. In über 40 Vorträgen wird das Forum die Bereiche Verteilnetzwerke, Speicher und Smart Markets thematisieren. Ein besonderer Fokus liegt dieses Jahr auf Start-ups und neuen Geschäftsmodellen.

Auch Sicherheitsfragen beschäftigen die Branche. Der Umbau des elektrischen Energie­versorgungssystems bringe neue Herausforderungen an die IT-Sicherheit mit sich, stellt das neue Positionspapier „Smart Grid Security“ des VDE fest. So seien Prozesssteuerungs­systeme zunehmend über das Internet erreich- und auch konfigurierbar. „Dadurch entstehen neue Bedrohungs­szenarien, die ein neues Sicher­heitsdesign erforderlich machen“, stellt der VDE fest. Der Verband fordert erhebliche Anstrengungen für die Erforschung dezentraler verteilter Systeme, geeignete Methoden für das Risikomanagement sowie einen Dialog zwischen Politik, Verbrauchern und Energiewirtschaft.

Die Themenvielfalt zeigt, dass die Han­nover Messe zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Gebäudetechnik bietet, um einen Messebesuch auch 2015 ins Auge zu fassen.

Die tab-Re­daktion wird daher erneut für Sie vor Ort sein, um diese Anknüpfungs­punkte fachlich zu vertiefen.

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