ISH 2011 – Technik clever kombinieren

„Sind wir innovativ?“ – Um diese Frage zu beantworten, war in diesem Frühjahr ein Besuch der ISH unerlässlich. Das Thema Innovation zog sich wie ein roter Faden durch die Produktpräsentationen der Aussteller. Bei der Erklärung des Begriffs Innovation ließ Heizkörperspezialist Vogel & Noot mit Prof. Dr. Ulrich Seiffert, ehemaliger VW-Vorstand für Forschung und Entwicklung, einen Fachmann zu Wort kommen: „Innovation bedeutet Erneuerung auf allen Gebieten.“ Dabei müsse die Marktrelevanz für eine Neuerung geprüft werden, interne wie externe Kunden sollten befragt werden – hier bietet eine Fachmesse ein perfektes Umfeld –, und das eigene Bauchgefühl soltle zu Rate gezogen werden. Zudem gehe es darum, dies gilt zumindest für den Heizungsbereich, den zu erwartenden weiteren Energiekostensteigerungen dadurch zu begegnen, dass noch mehr aus der eingesetzten Energie herausgeholt wird. In den genannten Punkten war die ISH auch in diesem Jahr wieder innovativ.

 

Heizungstechnik

Bi- und trivalente Anlagen, also die Verbindung von zwei oder mehr verschiedenen Techniken zu einem wärmeerzeugenden System, die schon auf der letzten ISH verstärkt zu sehen waren, wurden in diesem Jahr wohl endgültig zu einem Branchenbegriff. Dabei ist die KWK-Technik (Kraft-Wärme-Kopplung) nur eine der Möglichkeiten, die allerdings in vielerlei Varianten zu sehen war. Eine neue Version stellt der „Dachs Stirling SE“ von Senertec da. Das System besteht aus einem Einzylinder-Freikolben-Stirlingmotor mit Ankopplung an einen Lineargenerator und hat eine Leistung von maximal 1 kWel und 6 kWth. Mit einem Zusatzbrenner kommt das Gerät auf bis zu 18 kWth. Viessmann bietet mit dem „Vitotwin 300-W“ ein Mikro-KWK-System für Ein- und Zweifamilienhäuser an, das wie das Senertec-Gerät über einen Einzylinder-Freikolben-Stirlingmotor mit Ankopplung an einen Lineargenerator verfügt und eine Leistung von maximal 1 kWel und 6 kWth bietet. Dazu ist ein Gas-Brennwertgerät integriert, das zusätzlich 20 kWth zur Verfügung stellen kann. In dem aus einer Kooperation von Honda und Vaillant entstandenen Mikro-KWK-Aggregat „ecoPower 1.0“ arbeitet ein Gasmotor. Das Gerät hat eine Leistung von 1 kWel und 2,5 kWth und ist für den Einfamilienhausbereich gedacht. Auf der ISH wurde eine Kooperation verkündet, nach der E.ON-Kunden, die sich für das Mikro-Heizkraftwerk entscheiden, mit einem Zuschuss in Höhe von 1000 € unterstützt werden. Eine ähnliche Kooperation hat DeDietrich Remeha für sein „Remeha eVita“ einen Gas-Brennwertkessel mit integriertem Stirlingmotor zur Wärme- und Stromerzeugung, mit E.ON verkündet. Das Stirling-Aggregat wird mit 5 kWth und 1 kWel Leistung angegeben und durch einen Zusatzbrenner mit bis zu weiteren 21 kWth im Bedarfsfall unterstützt. Bei Bosch Thermotechnik, dort wird die Marke Sieger bis 2012 in Bosch Thermotechnik integriert, wird unter der Bezeichnung „Cerapur Aero“ ein bivalentes Gerät als Hybridgerät vermarktet, das die Stärken eines Gas-Brennwertgerätes und einer Luft-Wärmepumpe kombiniert.

Spannend ist auch der Scheitholzkessel „S4 Turbo“ von Fröling, dass es Freunden der Scheitholznutzung durch die mögliche Ankopplung eines Pelletsgeräts bis ins hohe Alter hinein erlauben soll, ganz und gar auf den Energieträger Holz zu setzen. Sollte es dem Nutzer zeitweise oder dauerhaft nicht mehr möglich sein, den Scheitholzkessel zu beschicken, kann der Pelletskessel jederzeit nachträglich angeflanscht werden und so für eine bequeme Art des Heizens sorgen.

Dass die Ideen nicht ausgehen zeigte zudem das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO). Derzeit befinden sich mehrere Entwicklungsprojekte in Arbeit. So wurde mit der Entwick­lung eines Mikro-KWK-Gerätes mit einem heizölbetriebenen Stirlingmotor begonnen. Gemeinsam mit dem neuseeländischen Unternehmen WhisperTech will das IWO das Mikro-BHKW „WhisperGen“ für den Betrieb mit Heizöl anpassen. Ausgelegt ist das geplante ölbetriebene Mikro-KWK-Gerät für eine Leistung von 5,5 bis 10 kWth und 1 kWel.

Lüftungs- und Klimatechnik

Für die Aircontec im Rahmen der ISH war die Halle 11 eindeutig ein Gewinn. Auf zwei Etagen präsentierte sich die Lüftungs- und Klimabranche mit ihren Neuheiten und zeigte, welche Energieeinsparpotentiale moderne Geräte- und Anlagentechnik in diesem Bereich hat.

Owohl keine App kommt die Multifunktionsregelung „emco MFR“ als Basis für die Zusammenführung von Einzelkomponenten zu einem energieeffizienten System zur Komfortklimatisierung im App-Design daher. Mit diesem von Emco Klima entwickelten Regelungskonzept lassen sich alle Produkte des Herstellers sowohl einzeln als auch in Kombination miteinander ansteuern.

Eine Neuheit bei der Lüftungsgerätebaureihe „AT4“ aus dem Hause AL-KO ist der Ventilatorantrieb in EC-Plus-Technik. Die Permanentmagnet-Motortechnologie mit der Wirkungsgradklasse IE4 bietet bereits heute eine höhere Effizienz, als die Anforderungen der EU an Ventilatorantriebe ab 2017 vorschreibt. Durch die Anordnung der Antriebsmotoren außerhalb der Ventilatorlaufräder entstehen darüber hinaus keine zusätzlichen Strömungsverluste. Diese effektive Antriebstechnik wird bis zu einer Luftmenge von 50 000 m3/h verfügbar sein.

„Evolution“ – „die Weiterentwicklung der Systeme“ war ein in Halle 11 mehrfach gehörter Begriff.

Unter dem Messemotto „Evolution X“ präsentierte Trox den Wandel vom Komponentenhersteller hin zum Komplettanbieter im Segment Raumlufttechnik. So wurden Klimazentralgeräte ebenso gezeigt und erläutert wie der „Smart Beam“, ein multifunktionaler Induktionsdurchlass, den der Architekt Hadi Teherani entworfen hat. Unter dem Slogan „die Evolution der Induktion“ vermarktet LTG das Induktionsgerät Typ „HFVsf“.Das Gerät beherrscht verschiedene Strömungsformen und wählt bzw. kombiniert diese je nach Lastsituation so, dass immer ein optimaler Komfort erzielt wird.

Das Messehighlight bei Menerga war die Vorstellung der „Adconair“-Klimageräte mit einem rekuperativen Wärmerückgewinnungsgrad von mehr als 0,8 bei einem luftseitigen Druckverlust von lediglich 150 Pa. Die Anlagen arbeiten mit einem neuartigen Wärmeübertrager aus Kunststoff, der nach dem Gegenstromprinzip funktioniert. Der Gegenstrom-Wärmeübertrager kann für Anlagen mit bis zu 30 000 m3/h effizient und wirkungsvoll eingesetzt werden. Dabei bleibe die elektrische Leistungsaufnahme so gering, dass beispielsweise die hohen Anforderungen des Passivhausstandards problemlos erfüllt und zudem die besten Energieeffizienzklassen bei den bekannten RLT- und Eurovent-Labeln deutlich übertroffen würden. Mit der „v-box“ hat drexel und weiss eine Möglichkeit geschaffen, bereits sehr kleine Wohnungen hocheffizient zu lüften – ohne Ventilator. Das Platz sparende Gerät ergänzt die semizentrale Passivhaus- und Lüftungstechnik für den Ge­schoss­wohnungsbau. Der Begriff semizentral bedeutet, dass die Lüftung samt Wärme­rückgewinnung zentral für einen ganzen Wohnblock erfolgt, die Regulierung der Lüftung aber mittels der „v-box“ direkt in den einzelnen Wohneinheiten.

Gebäudeautomation

Das Schwerpunktthema der ISH 2011 hieß „Ressourcenschonung“. Automatisierung kann ihren nicht zu unterschätzenden Anteil dazu beitragen. Das bedeutet, dass Systeme so aufeinander abgestimmt werden sollten, dass sie im Verbund miteinander weniger Energie benötigen, als wenn es sich um autonome Systeme handeln würde. Der Kleinstellantrieb „MD15-FTL“ von Kieback&Peter unterstützt den offenen EnOcean-Funk-Standard. Er arbeitet kabellos in Kommunikation und Energieversorgung und mit einem auf drahtlose Anwendungen zugeschnittenen Kommunikationsprotokoll.

Mit „DynaTemp“ hat Oventrop eine zentrale Steuer- und Regelung für die Gebäudetechnik im Portfolio. Die Armaturen und Systeme des Herstellers bilden dazu die Basiskomponenten in Raum- und Feldebene. Auf ein flexibles Raummanagement setzt Sauter mit seinen Automationslösungen. Damit soll insbesondere Problemen bei Änderungen in der Flächennutzung vorgebeugt werden.

Die Building Technologies Division der Siemens AG zeigte unter dem Motto „Maximize your building efficiency“ Schwerpunktthemen zu HLK-Regelung, Gebäude- und Raumautomation für energieeffizienten Gebäude­betrieb sowie im Bereich der Raumautomation die „Desigo Total Room Automation“.

 

Fazit

Nach der ISH ist vor der ISH. Bis 2013 (12. bis 16. März) bleiben zwei Jahre Zeit, die auf der Messe gesehenen Neuheiten auf den Markt zu bringen. Viele der technischen Lösungen klingen vielversprechend und ermöglichen es, Gebäude auf ein neues Effizienzlevel zu heben. Mit Mut, vorausschauenden Auftraggebern und technischem Sachverstand werden in den zwei Jahren und darüber hinaus gebäudetechnische Anwendungen entstehen, in denen wir in der TAB – ab Juni in neuer optischer und inhaltlicher Gestaltung – berichten werden.

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