Sparsamkeit in der Planung und Energieverschwendung bei der Nutzung

Sind Immobilien bald nicht mehr abrechenbar?

Das politische Ziel der drastischen Reduzierung des Energieverbrauchs im Gebäudebereich führt dazu, dass zunächst viele Gebäude stärker gedämmt und gedichtet wurden, um den Abfluss von Wärme aus beheizten Räumen in die Umwelt zu vermindern. Auch bei aller Dämmung hat aber das Verhalten des einzelnen Mieters einen deutlichen Einfluss auf den Energieverbrauch für die Beheizung der Wohnung. Damit auch er motiviert ist, seinen Beitrag zur Energieeinsparung zu leisten, sieht die Heizkostenverordnung vor, dass Heizkosten „verursachergerecht“ zuzuordnen sind. Sparsamkeit soll sich lohnen.

Dies wird in der Regel umgesetzt, indem Heizkörper in Wohnanlagen mit Heizkostenverteilern (elektronische Geräte oder Verdunster) ausgestattet werden. Diese Heizkostenverteiler sollen möglichst trennscharf die Energiemenge erfassen, die der jeweilige Heizkörper abgibt und von anderen Quellen abgegebene Wärmemengen nicht mit erfassen. Andernfalls würde z. B. die Wärme in der Küche für Kochen und Backen über die Strom- oder Gasrechnung bezahlt und zusätzlich zu einer scheinbaren Erhöhung der Heizenergiemenge führen.

Was aber, wenn neben dem vorgesehenen Weg über die Heizkörper auch auf anderen Wegen, z. B. über ungedämmt in Wänden und Böden verlegte Heizungsrohre, Energie aus dem Heizsystem am Zähler vorbei in die Wohnung geliefert wird? Zunächst wird bei unkorrigierter Abrechnung die gesamte von der Zentralheizung abgegebene Wärme nach den Ablesewerten umgelegt und bezahlt. Das heißt aber, dass auch Wärme nach Ablesewerten umgelegt wird, die in diesen gar nicht erfasst ist.

Dies wird nicht zum Problem, wenn die Nutzer der verschiedenen Wohnungen ähnliches Heizverhalten haben. Von der von den Heizkostenverteilern nicht erfassten Wärme profitieren alle relativ gleichmäßig.

Zu Kostenverzerrungen kann es aber kommen, wenn sehr verschiedene „Wärmetypen“ in einem Gebäude vorkommen. Ein krasses Beispiel ist der berufstätige, umweltbewusste Single, der seine Heizung nach dem Verlassen der Wohnung für den größten Teils des Tags in den Absenkbetrieb schaltet, im Kontrast zur Familie mit Kleinkindern, deren Wohnung den ganzen Tag bewohnt und gut beheizt ist. In diesem Fall kann es bei dem herkömmlichen Abrechnungsverfahren dazu kommen, dass der „Vielheizer“, weil seine Ablesewerte hoch sind, auch noch viel Rohrwärme zugerechnet bekommt, während der „Sparer“ wenig zugeordnet bekommt, obwohl beide ähnliche Rohrwärmemengen erhalten.

Ein solcher Fall wird in einer Statistik der Ablesewerte augenfällig. Es kann dann eine Rohrwärmekorrektur nach VDI 2077 Beiblatt sinnvoll sein, um wieder Kostengerechtigkeit herzustellen.

Mit zunehmender Dämmung des Gebäudes nimmt die gesamte für die Beheizung eines Gebäudes aufzuwendende Energiemenge ab. Da die Heizungsrohre nach wie vor als Wärmequellen fungieren, liefern sie eine gewisse Grundbeheizung, und durch Öffnen der Ventile an den Heizkörpern nimmt der Mieter die „Feinabstimmung“ der Temperatur nach seinen Bedürfnissen vor.

Je besser jedoch das Gebäude gedämmt wird, desto weniger ergibt sich die Notwendigkeit, Heizkörper aufzudrehen. Im Extremfall kann die Rohrwärme völlig zur Beheizung der Wohnung ausreichen. Dies impliziert, dass bei Vorliegen einer Rohrwärmesituation mit zunehmender Dämmung des Gebäudes die Einflussmöglichkeit des Mieters auf die Raumtemperaturen abnimmt. In Fällen, wo der Mieter die Temperaturen in seiner Wohnung nicht mehr beeinflussen kann, sieht die Heizkostenverordnung in § 11 unter bestimmten Randbedingungen eine vom Wärmeverbrauch unabhängige Abrechnung vor, z. B. rein nach Mietfläche. Die Urteilssituation in diesem Bereich ist jedoch noch unklar.

Die für Rohrwärmeprobleme anfälligen Einrohrheizungen mit ungedämmten Rohren treten bevorzugt in Gebäuden älterer Baujahre auf; in den östlichen Bundesländern wurden sie länger gebaut als in den westlichen. Jedoch kommt es in letzter Zeit zu einer Renaissance solcher Systeme: Bei stark gedämmten modernen Neubauten wird unter Verweis darauf, dass ja durch die Dämmung der Gebäudehülle der Energieeffizienz Rechnung getragen wurde, auf eine Dämmung der Rohre verzichtet, und um Rohrlänge zu sparen (Jeder Meter kostet Geld!), werden Einrohrheizungen eingebaut.

In einem solchen Gebäude, in das in der Folge verschiedene Nutzer einziehen, ist aus den oben erläuterten Gründen möglicherweise keine Abrechenbarkeit mehr gegeben. Es stellt sich die interessante Frage, ob dies angesichts der Forderung der Heizkostenverordnung nach „verursachergerechter“ Zuordnung der Verbräuche als Planungsfehler gesehen werden muss. Die Folge könnte im Extremfall nämlich sein, dass der Nutzer Raumtemperaturen kontrolliert, indem er ungewollte Wärme über die Fenster „entsorgt“. Damit wäre das politische Ziel der Heizkostenverordnung, der sparsame Umgang mit Energie, durch die Vorgabe der Energie-Einspar-Verordnung nach sparsamen Gebäuden (mit demselben Ziel!) konterkariert.

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