Exklusiver Onlinebeitrag: Sonnenschutzeinrichtungen automatisieren

Automatisierungsgrad beeinflusst Gesamtenergiebilanz

Ist der Kurbelantrieb zum Betätigen von Sonnenschutzeinrichtungen ein Relikt der Vergangenheit? Folgt man aktuellen Normen und Vorschriften am Bau, vorzugsweise im Bereich öffentlicher oder gewerblicher genutzter Nicht-Wohnungsbauten, so ist die Antwort eindeutig.

Details zur Betätigung von Sonnenschutzeinrichtungen regeln eine Reihe von Normen. Übergeordnet auf europäischer Ebene die EN 15232, sie regelt die „Energieeffizienz von Gebäuden“. In Deutschland liefert die DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden“ aussagekräftige Berechnungsgrundlagen zur Bewertung. Betrachtet man die hier definierten Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Nichtwohn-Gebäuden, lautet die Konsequenz: Der Neubau oder die Sanierung von Bestandsbauten ist heute ohne Gebäudeautomation nicht mehr möglich. Wie eine derartige Automation auszusehen hat, regelt die VDI-Richtlinie 3813, Teil 2.

Konzentrieren wir uns auf den Bereich des Sonnenschutzes, so fällt auf, dass er in allen Verordnungen und Vorschriften explizit berücksichtigt wird. Der Gebäudebetreiber wird es mit Blick auf die laufenden Betriebskosten begrüßen, wenn der Energieverbrauch für Heizung, Klimatisierung und Beleuchtung signifikant reduziert wird. Denn ein automatisierter Sonnenschutz unterstützt bedarfsgerechtes Heizen und Kühlen und sorgt über die Lamellennachführung für eine optimale Tageslichtnutzung, so dass Kunstlicht nur begrenzt zugeschaltet werden muss.

Neben der gesetzlich geforderten Vermeidung eines übermäßigen CO2-Ausstoßes ergibt sich so gleichzeitig ein hoher Grad an Wirtschaftlichkeit. Der angesichts stetig wachsender Energiekosten an Bedeutung noch gewinnen wird.

Moderne Sonnenschutzsysteme stehen für einen perfekten Wärmeschutz und eine „intelligente“ Tageslichtnutzung. Beides sind entscheidende Voraussetzungen für eine komfortable Arbeitsumgebung. Sonnenschutz bedeutet das Ausblenden zu hoher solarer Strahlungseinträge in das Gebäude, die hohe Kühllasten erforderlich machen würden. Und schließlich steht Sonnenschutz für zeitgemäße Gesamtkonzepte, mit denen sich Unternehmen wie Warema bereits seit vielen Jahren beschäftigen.

Dazu sollte der Sonnenschutz über das eigentliche Produkt in der Fassade hinaus als festen Bestandteil der Technischen Gebäudeausstattung (TGA) betrachtet werden.

Entsprechend entwickelt  Warema eigene Steuerungs-, Regelungs- und Antriebslösungen, die sich problemlos in moderne Gebäudeleitsysteme wie LON (Local Operating Network) oder andere Bus-Anwendungen integrieren lassen.

Die EN 15232 unterscheidet vier Gebäude-Energieeffizienzklassen: D (ohne Automation, heute nicht mehr erlaubt), C (Minimum), B (gut) und A (optimal). Die VDI-Richtlinie 3813, Teil 2 definiert den erforderlichen Automationsgrad (bezogen auf den Sonnenschutz) für die jeweiligen Klassen: Demnach kommt die Klasse C mit einer einfachen Sonnenautomatik als Steuerung aus. Was besonders im Bestand beim Nachrüsten von Bedeutung und erforderlich

ist sowie bei Neubauten als Minimumausstattung zwingend vorgeschrieben wird. In den Klasse B und A fordert die Richtlinie eine automatisch geregelte, geschaltete oder gedimmte Tageslicht-Ergänzungsbeleuchtung, eine Lamellennachführung, eine Verschattungskorrektur und eine Thermoautomatik (um solare Gewinne in unbenutzten Räumen verwerten zu können).

Für Architekten und Fachplaner im Bereich der technischen Gebäude- und Fassadenausstattung stehen diese Normen und Richtlinien vor allen Dingen für einen wichtigen Grundsatz: Sie müssen in ihre Gebäudekonzepte bereits frühzeitig den Sonnenschutz mit einbeziehen. Je nach Energieeffizienzklasse gilt es, die entsprechende Ausstattung zu wählen und in den Gesamtbereich der Gebäudeautomation zu integrieren. Auch seitens der Auftraggeber dürfte der Druck hinsichtlich der späteren Betriebskosten entsprechend wachsen. Denn nicht nur die reinen Gebäudekosten schlagen zu Buche, auch die Folgekosten stehen heute zunehmend im Fokus bei der gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise. Und die ist letztlich ausschlaggebend für die Projektrealisation.

 

Sonnenschutz und Klimaanlagenbetrieb aufeinander abstimmen

Spezialisten wie Warema können dazu beitragen, Klimaanlagen dem tatsächlichen Bedarf entsprechend zu planen. Denn die vielfach angewandte Praxis „Überdimensionierung zur Sicherheit“ stellt Reserven zur Verfügung, die eigentlich nicht benötigt werden. Neben

moderner Steuerungs-, Regel- und Antriebstechnik bieten der Hersteller Sonnenschutz- und Tageslichtsysteme deshalb auch mit „Cut-Off“-Begrenzung an. Damit wird der manuelle Nutzereingriff beschränkt.

Fehlbedienungen des Sonnenschutzes und der Klimaanlage tragen vielfach zu erhöhten Energiekosten bei und führen die sorgfältig justierte Gebäudeautomatik ad absurdum. In Kombination mit dem Programm zur Lamellennachführung und der Haustechnik greift die „Cut-Off“-Schaltung immer dann, wenn sich die Klimaanlage aufgrund zu hoher Raumtemperaturen (Hitze) zuschaltet. Der Nutzer kann dann zwar den Tageslichteintrag senken, in dem er die Lamellen weiter schließt, etwa bei einem Vortrag mit Beamereinsatz. Er kann die Lamellenwinkel jedoch nicht über die Cut-Off-Stellung hinaus weiter öffnen oder den gesamten Behang hochfahren.

Bleibt festzustellen, dass europäische und deutsche Normen erhöhte Anforderungen an die Gebäudeausstattung hinsichtlich ihres Automationsgrades stellen. Es gibt in diesem Zusammenhang Forschungsergebnisse, von denen die Notwendigkeit entsprechender gesetzlicher Vorgaben bestätigt wird. So hat die Hochschule Biberach nachgewiesen, dass sich bei optimierter Automation von Sonnenschutz (Tageslichteintrag) und Kunstlicht bis zu 51 % Nutzenergie zur Kälteerzeugung und rund 52 % Primärenergie für die Beleuchtung einsparen lassen. Werte, die für sich sprechen und das Potential und die Richtung aufzeigen, die die Gebäudeautomation bieten kann.

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