Kleinerer Primärenergiefaktor für Strom

Unterschätzte Risiken?!

Der Primärenergiefaktor für Strom soll auf 2,0 und im Jahr 2016 auf 1,8 gesenkt werden. So sieht es der Entwurf zur novellierten EnEV vor. Experten warnen: Jede Absenkung re­du­­ziert die Anforderungen an eine effiziente Stromnutzung im Wär­me­markt. Die politischen Pläne zur allgemeinen Senkung des Strombedarfs würden damit ins Gegenteil verkehrt.

Zu den Kritikern zählt die „Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz“ (geea), in der unter Ko­or­dination der Deutschen Energie-Agentur (dena) u.a. der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH), der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), der Fachverband Gebäude-Klima (FGK) und das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO) als Mitglieder vertreten sind. Die geea lehnt eine Anpassung des Primärenergiefaktors für Strom zum jetzigen Zeitpunkt ab, zumal Methodik, Grundlagen und Hintergründe dieser Absenkung derzeit fachlich nicht nachvollziehbar seien. Vor allem aber, weil strombetriebene Heizungen durch eine solche Absenkung bessergestellt werden. Genau das jedoch könnte zukünftig insgesamt zu einem höheren Stromverbrauch führen.

Die Nachfrage muss angepasst werden

Zurzeit liegt der Primärenergiefaktor für Strom bei 2,6. Mit Inkrafttreten der novellierten EnEV voraussichtlich 2014 soll dieser Wert zunächst auf 2,0 und ab 2016 auf 1,8 sinken. Hintergrund ist der zunehmende Anteil von Strom aus erneuerbaren Quellen. Hieraus ergibt sich eine weitere Problematik, die von der Mineralölwirtschaft in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf der EnEV aufgezeigt wird. Bislang wurde die Stromproduktion vor allem über konventionelle Kraftwerke der jeweiligen Stromnachfrage angepasst. Wegen des schnell wachsenden Anteils von Solar- und Windstrom ist bereits die Tendenz sichtbar, die Stromnachfrage dem fluktuierenden Angebot anzupassen. Heizsys­teme, die ausschließlich auf Strom angewiesen sind, können dies nicht leisten. Im Gegenteil: Sie würden etwa im Winter den Strombedarf im Netz noch steigern. Die Möglichkeit zur Anpassung der Nachfrage würde sinken.

Hybridheizung nutzt reinen Ökostrom

Die Mineralölwirtschaft plädiert dafür, in der EnEV nur Heizsys­teme mit besonders niedrigen Primärenergiefaktoren zu be­güns­ti­gen, bei denen im Fall eines Engpasses bei Ökostrom eine alternative Wärmeversorgung sichergestellt ist, z. B. durch die speicherbaren Energieträger Heizöl, Biomasse oder Gas. In diesen Hybridheizsystemen würde Strom nur dann genutzt, wenn tatsächlich genügend Ökostrom oder ein Überschuss an erneuerbarem Strom zur Verfügung steht. In wind- und sonnenarmen Zeiten, die vor allem im Winter über Wochen anhalten können, stehen die flüssigen und gasförmigen Energieträger zur Verfügung, um die Versorgung zu gewährleisten. Hybridheizsys­teme bieten so ein beachtliches Potential, die Stromnachfrage dem jeweiligen Stromangebot flexibel anzupassen, ohne dass die Wärmeversorgung gefährdet wird. Überdies ermöglichen solche Heizkonzepte – parallel zum Ausbau der Erneuerbaren im Stromnetz – die schrittweise Erhöhung des regenerativen Energieanteils im Wärmemarkt. Daher empfiehlt die Mineralölwirtschaft: Bei der Bewertung von Strom sollten in Zukunft unterschiedliche Primärenergiefaktoren angesetzt werden. Und zwar abhängig davon, ob Strom als einzige Heizenergie verwendet wird, oder ob der Strom nur genutzt wird, wenn Ökostrom ausreichend oder im Überschuss zur Verfügung steht.

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