Wärmepumpen-Kaskade für das Kubox-Quartier
Spielte der Ruinenberg in unmittelbarer Nähe zum Park Sanssouci als Kasernengelände früher eine wichtige Rolle, steht dort heute ein ambitioniertes Wohnungsbauprojekt. Die neu errichteten Kubox-Appartments plante und baute das Oldenburger Immobilienunternehmen Norddeutsche Boden AG vorrangig unter dem Aspekt einer langfristig wertsichernden Anlage für Privatanleger. Daher lag der Fokus u. a. auf der Erstellung eines zukunftsfesten Energiekonzepts. Das Planungsbüro Solarplan sah dabei vor, die Vorgaben der EnEV 2009 um 30 % zu unterschreiten. Zudem sollte eine Heizungsanlage die vollständige Wärmeversorgung der drei einzelnen Wohneinheiten des Quartiers mit 32, 38 und noch einmal 32 Wohnungen in drei Etagen mit insgesamt 5000 m2 übernehmen.
Energiekonzept mit Bauteilaktivierung
Teil des Energiekonzepts sind die Betonkern- und Deckenaktivierung. Dazu nutzt die Wärmepumpen-Kaskadenanlage von MHG zum einen das Gebäudefundament als Wärmespeicher, zum anderen versorgt die Heizungsanlage die einzelnen Wohnungen mittels Deckenaktivierung direkt über die Geschossdecken mit der notwendigen Wärme. „Durch die Deckenaktivierung benötigen wir deutlich weniger Heizleistung, was sich natürlich positiv in der Energiebilanz niederschlägt“, freut sich Dipl.-Ing. Simone Backhaus, Gebäudeenergieberaterin im Planungsbüro Solarplan. Im Sommer übernehmen die Decken der Wohnungsquartiere zusätzlich eine Kühlfunktion. Dabei wird das Erdreich genutzt, ohne dass die Verdichter der Wärmepumpen in Betrieb gehen müssen. Über einen zusätzlichen Wärmetauscher zur passiven Kühlung wird die Wärme aus den Decken direkt an die Sole übertragen. Die Erdwärmesonden geben die Wärme an das Erdreich ab. Die im Kühlbetrieb in das Erdreich eingebrachte Wärme wird in der Heizperiode genutzt, was die Arbeitszahl der Anlage verbessert. „Aufgrund der hohen energetischen Anforderungen haben wir uns letztlich für eine Sole-/Wasser-Wärmepumpe in Kombination mit einer Hybrid-Wärmepumpe aus dem Hause MHG entschieden. Keine andere Lösung hätte die Vollversorgung aller 102 Wohnungen bei vergleichbar niedrigen Betriebskosten alleine auf Grundlage erneuerbarer Energien gewährleisten können“, erklärt Heizungsinstallateur Martin Böcker.
Die Wärmepumpenanlagen
Auf dieser Entscheidungsgrundlage konzipierte die Firma Martin Böcker OHG gemeinsam mit den MHG-Wärmepumpen-Spezialisten eine Wärmepumpen-Kaskadenanlage bestehend aus einer „ThermiStar SZ“ bei B0/W35 mit einer Heizleistung von 82 kW (COP bis 4,43) und einer Hybrid-Wärmepumpe „ThermSelect“ bei B0/W35 mit 45,4 kW (COP bis 4,40). Die zur Versorgung der Sole-/Wasser- und der Hybrid-Wärmepumpe benötigten Erdwärmesonden wurden in 100 m Tiefe über drei Felder zu je fünf Sonden in einem Abstand von jeweils 5 m vertikal eingelassen. Je nach Außentemperatur schaltet das Regelungssystem der Hybrid-Wärmepumpe auf die Sole-/Wasser- oder die Luft-/Wasser-Funktionsweise um. Zudem nehmen die beiden Wärmepumpen der Kaskadenanlage auch unterschiedliche Aufgaben wahr: Die Sole-/Wasser-Wärmepumpe deckt die Grundlast des Heizbetriebes, die Hybrid-Wärmepumpe übernimmt die Warmwasserbereitung. Letztere kann in der Übergangszeit und im Sommer auf die wärmere Außenluft als Energiequelle umschalten. Bei einer besonders hohen Auslastung der Sole-/Wasser-Wärmepumpe, wie z. B. im Winter, unterstützt die Hybrid-Wärmepumpe zudem den Heizbetrieb. Auf diese Weise erreicht die Wärmepumpen-Kaskadenanlage mit einer Jahresarbeitszahl von 4,7 einen Topwert und erfüllt damit die hohen energetischen Anforderungen, die das Planungsbüro zu Beginn des Bauprojektes im Energiekonzept zugrunde gelegt hat. Für die Bereitstellung von Trinkwarmwasser haben die Heizungstechniker in jedem Haus einen Hygienespeicher mit einem Fassungsvermögen von jeweils 1500 l eingerichtet, der Trinkwasser im Durchfluss erwärmt. An jedem Speicher ist zusätzlich eine separate Solarthermieanlage angeschlossen. An Tagen mit hoher Sonneneinstrahlung können die Betriebskosten der Heizanlage so auf ein Minimum reduziert werden.
Für den Heizbetrieb wird der Vorlauf im zentralen Technikraum auf eine einheitliche, witterungsgeführte Vorlauftemperatur geregelt. Pro Haus ist ein Heizkreis vorgesehen. „Die drei Heizkreise sind so aufeinander abgestimmt, dass alle die gleiche Rücklauftemperatur haben“, berichtet Martin Böcker. Für den Heizbetrieb mit den Wärmepumpen stehen drei Leistungsstufen zur Verfügung. Die Sole-/Wasser-Wärmepumpe hat zwei Stufen mit je 41 kW. Als dritte Stufe kann die „ThermSelect“ zugeschaltet werden. Die bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, dass die zweite Verdichterstufe nur an sehr kalten Tagen zugeschaltet werden muss.
Das Regelungskonzept
Für das optimale Zusammenspiel von Hybrid-Wärmepumpe, Sole-/Wasser-Wärmepumpe, Erdwärmesonden, Heizkreisen, Pufferspeicher und Solarthermie-Kollektoren hat die MHG Heiztechnik ein komplexes Regelungskonzept aufgestellt. Dieses sorgt mit mehreren Reglern dafür, dass zur Bedienung der Wärmeanforderungen immer nur die notwendige Anzahl an Modulen in Betrieb ist. Alle Regler sind über einen Datenbus verbunden. So wird eine optimal am Bedarf ausgerichtete Wärmeerzeugung möglich.
Die Regler können über einen in den Datenbus integrierten Webserver per Internet bedient werden, so dass bei ungünstigen Betriebszuständen und Störungen ein frühzeitiges Erkennen und Gegensteuern möglich sind.
Die Betriebskosten belaufen sich derzeit auf rund 15 000 €/a. Bei einer konventionell mit Gas betriebenen Anlage hätten über 20 000 €/a in Ansatz gebracht werden müssen. Dipl.-Ing. Mark Bettermann, MHG Heiztechnik, freuen diese Zahlen: „Gegenüber einer Anlage mit fossilen Brennstoffen gehen wir in unseren Berechnungen von einer Kostenersparnis von über 25 % und einer Einsparung von über 45 % bei der Primärenergie aus.“ Auch die Voraussetzungen einer wertsichernden Kapitalanlage sind erfüllt. Als angenehmer Nebeneffekt liegen die Warmmieten für die Ein- bis Dreizimmerwohnungen der Kubox-Appartments aufgrund des umgesetzten Energiekonzepts bei nur 280 bis 690 €.
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