Die EU-Energieeffizienz-Richtlinie: Ansätze in eine richtige Richtung
Nachdem im September bereits das Europäische Parlament mit großer Mehrheit (632 Ja-Stimmen, 25 Nein-Stimmen, 19 Enthaltungen) der neuen EU-Energieeffizienz-Richtlinie zugestimmt hat, haben Anfang Oktober nun auch die Mitgliedsstaaten in Form des Ministerrats grünes Licht gegeben. Vorausgegangen waren monatelange Diskussionen und zähe Verhandlungen, die letztlich in dem durch den informellen Trialog von Rat, Parlament und Kommission ausgehandelten Kompromisstext mündeten.
Tauziehen in Berlin und Brüssel beendet – vorerst
Nicht nur auf europäischer, auch auf nationaler Ebene glitten die innerministeriellen Abstimmungsprozesse in Fragen der Art, des Umfangs und des Verpflichtungsgrades der zu verordnenden Energieeffizienz-Maßnahmen nicht selten ins Kabarettistische. Wer erinnert sich nicht an die fehlende Koordination und die unterschiedlichen Vorstellungen von Bundeswirtschafts-, Bundesbau- und Bundesumweltministerium – letzteres größtenteils noch unter Norbert Röttgen – bezüglich der Ausgestaltung der Energiewende in Deutschland. Dies darf sich, nicht nur bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht in den kommenden 18 Monaten, nicht wiederholen. Das Ende des Tauziehens um die Richtlinie und der nun verabschiedete Kompromisstext sind grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn ambitioniertere Regelungen wünschenswert und wichtig zur Erreichung der europäischen Energieeffizienz-Ziele gewesen wären. Ob die von der EU angestrebte Verbesserung der Energieeffizienz bis 2020 um 20 % auf diesem Weg erreichbar ist – einige Experten gehen derzeit nur von 14 bis 15 % aus – sei einmal dahingestellt. Dennoch ist die Richtlinie insgesamt ein wichtiger Schritt hin zu einer verbesserten Gebäude-Energieeffizienz in der gesamten Union. Aus Sicht der Gebäudetechnik-Branche ist insbesondere hervorzuheben, dass die Mitgliedsstaaten als Teil der Nationalen Energieeffizienz-Aktionspläne bis April 2014 eine langfristige Strategie zur Sanierung des Gebäudebestands vorlegen sollen. Die Sanierung öffentlicher Gebäude, verpflichtende Energieeffizienz-Systeme sowie Energieaudits für Unternehmen sind weitere wichtige Punkte, die im Nachfolgenden exemplarisch kommentiert werden sollen.
Sanierungsquote für öffentliche Gebäude
Bei der Verbesserung der Gebäude-Energieeffizienz sollen und müssen die Regierungen der Mitgliedsstaaten mit gutem Beispiel vorangehen. So sieht die Richtlinie unter anderem vor, dass die Mitgliedsstaaten jährlich drei Prozent der öffentlichen Gebäude mit mehr als 500 m2 (ab Juli 2015: 250 m2) beheizter und/oder gekühlter Fläche, die der jeweiligen Zentralregierung gehören, energetisch sanieren müssen. Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission aus dem Jahr 2011 beinhaltete noch eine Sanierungspflicht für alle öffentlichen Gebäude. In Deutschland ist also nur Bundeseigentum betroffen und die Sanierungspflicht für Gebäude von Ländern und Kommunen damit leider vom Tisch. Gleichwohl leistet die Richtlinie einen wichtigen Beitrag, indem sie den Blick verstärkt auf den Nichtwohnbereich richtet. Dieser wird in der politischen Debatte gegenüber dem Wohnbereich noch nicht immer mit der adäquaten Relevanz verfolgt. So ist zwar auch auf politischer Ebene mittlerweile bekannt, dass auf den Gebäudebereich die viel zitierten 40 % des Primärenergiebedarfs der EU entfallen. Dass rund die Hälfte davon in Nichtwohngebäuden verbraucht wird, ist noch nicht überall bewusst. Mit dem Einsatz effizienter Raumlufttechnik in Bürogebäuden, Schulen, Krankenhäusern und Supermärkten ließe sich mittelfristig ein Großteil dieser Energie einsparen. Gleichzeitig stehen dafür, etwa im Rahmen von Energiespar-Contracting, attraktive Finanzierungsmodelle zur Verfügung, gerade auch für die öffentliche Hand.
Verpflichtende Energieeffizienz-Systeme
Auch andere Regelungen der EU-Energieeffizienz-Richtlinie, die zwar im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf der Kommission abgeschwächt wurden, sind grundsätzlich positiv zu bewerten. Hierzu zählt etwa die Einführung von verpflichtenden Energieeffizienz-Systemen. Dabei wird in den Mitgliedsstaaten ein jährliches Einsparziel von 1,5 % des Energieverbrauchs der Endkunden vorgeschrieben. Dieses kann aber nunmehr neben Einsparmaßnahmen der Energieversorger auch durch – teilweise bereits durchgeführte – Alternativmaßnahmen wie Steueranreize oder Förderprogramme komplettiert werden. Um ihre volle Wirksamkeit zu erzielen – darauf kann man gar nicht oft genug hinweisen – müssen sie aber langfristig, verlässlich und einfach sein. Unbedachte Äußerungen und Profilierungsversuche, seien es Spekulationen zu „Abwrackprämien“, „Energiepolizei“ oder mangelnde Kompromissbereitschaft im Bundesrat, schüren Unsicherheit, verzögern dadurch notwendige Investitionen in Modernisierungen und sind an dieser Stelle völlig fehl am Platz.
Energieaudits für Unternehmen
Die in der Richtlinie festgeschriebenen, verpflichtenden Energieaudits für Unternehmen durch beglaubigte Experten sind ebenfalls zu begrüßen. Dass mit relativ einfachen Maßnahmen oftmals sehr große Einsparmöglichkeiten verbunden sind, verdeutlicht etwa das Beispiel der regelmäßigen Inspektion von Klimaanlagen nach § 12 EnEV. Würden diese wie vorgeschrieben durchgeführt, ließen sich bis 2020 etwa 6 Mio. t CO2 pro Jahr einsparen. Trotzdem wird diese Verpflichtung bisher kaum eingehalten, was insbesondere auf mangelnde Kontrolle durch die zuständigen Länder zurückzuführen ist. Ob § 26c der (geplanten) EnEV 2012, wonach Registriernummern vorgeschrieben werden, eine Kehrtwende begünstigen wird, bleibt abzuwarten.
Nationale Umsetzung entscheidend
Insgesamt bietet die EU-Energieeffizienz-Richtlinie aus Sicht der Gebäudetechnikbranche sowohl durch den übergreifenden Rahmen als auch durch die konkreten Regelungen interessante Ansatzpunkte, um die großen Energieeinsparpotentiale insbesondere auch im Nichtwohnbereich zu heben. Letztlich kommt es jedoch auf die Umsetzung und Durchsetzung der Maßnahmen durch die Mitgliedsstaaten in den nächsten 18 Monaten an.
Aufgabe der Branchenverbände wird es sein, diesen Prozess mit den zuständigen Behörden, insbesondere mit dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium, konstruktiv zu begleiten und der Politik immer wieder auf die Finger zu schauen. Insbesondere die Anrechenbarkeit von „Early Actions“, also den bereits durchgeführten Effizienzmaßnahmen auf das verpflichtende Einsparziel, darf nicht dazu führen, dass Deutschland hinter seinen eigenen Möglichkeiten zurückbleibt. Die neue EU-Energieeffizienz-Richtlinie und der zu erarbeitende nationale Strategieplan sollten vielmehr zum Anlass genommen werden, um wie beim Einsatz Erneuerbarer Energien auch bei der Energieeffizienz im Gebäudebereich europaweit Vorreiter zu sein. Geeignete Lösungen der Gebäudetechnikbranche sind dafür jedenfalls vorhanden.