Die UBA-Hygieneliste als Bewertungsgrundlage
Seit dem 10. April 2015 gilt die Positivliste des Umweltbundesamtes (UBA) zum Einsatz „hygienisch geeigneter metallener Werkstoffe“ für die Trinkwasserinstallation in ihrer neuen Fassung als sogenannte „Bewertungsgrundlage“. Wie weitreichend vor allem die rechtlichen Folgen dieser neuen Version sind, wurde auf dem „Forum GMS“ der Gütegemeinschaft Messing-Sanitär e.V. (GMS) am 18. Juni 2015 im Mainzer Hilton Hotel deutlich.
Auf dem jährlich stattfindenden Trinkwasserhygiene-Fachforum der Gütegemeinschaft Messing-Sanitär e.V. (GMS) erläuterten mehrere Referenten vor gut 70 Fachbesuchern die praktische Bedeutung dieser lang erwarteten Neufassung der UBA-Positivliste – mit Konsequenzen für den Einsatz von Sanitärwerkstoffen für die Trinkwasser-Installation.
Eröffnet wurde das diesjährige Trinkwasser-Forum vom GMS-Vorstandsvorsitzenden Alexander Dehnelt. Dieser unterstrich mit der Ankündigung des Baurecht-Fachanwalts Prof. Zeller die besondere Bedeutung des UBA-Dokuments in der aktuellen Fassung: „Wir wollen als erstes die Auswirkungen der UBA-Liste für Hersteller und Anwender aus Sicht eines Juristen beleuchten.“
Dass dieses Reflektieren über die rechtlichen Konsequenzen absolut angebracht ist, wurde beim Vortrag des Koblenzer Rechtsanwalts Prof. Dr. Jörg Zeller rasch deutlich. Dieser stellte heraus, dass nach Ablauf der zweijährigen Übergangsfrist, die mit der neuen Version der UBA-Liste am 10. April 2015 begonnen hat, jeder Auftraggeber erwarten könne, dass das in einer Trinkwasserinstallation eingebaute Material gemäß Trinkwasser-Verordnung (TrinkwV) geeignet ist. Nur solche Materialien, die in der dann verbindlichen Positivliste ausgewiesen seien, entsprächen „der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit“ bzw. den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“. Maßgeblich sei dabei für den Fachhandwerker der „Zeitpunkt der Abnahme eines Bauvorhabens“. Er empfahl den Herstellern von Sanitärbauteilen – auch schon während der Übergangsfrist – dringend, die Ausführenden aus Handwerk und Anlagenbau über die Eignung bzw. Nichteignung ihrer Werkstoffe im Sinne einer „Hinweispflicht“ zu informieren. Denn für den Hersteller/Lieferanten sei u.U. erkennbar, dass das Material erst nach der Übergangsfrist verbaut werden solle oder könne und dann für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung gar nicht mehr geeignet und damit juristisch „mangelhaft“ sei.
Kai Huck, Aquis Sanitär AG, gab den Forumsteilnehmern einen Einblick in die Entwicklung des Designs von Sanitärarmaturen und thematisierte die sich verändernden Kundenansprüche im Laufe der Zeit. Messing sei immer schon der Werkstoff der Wahl in der Sanitärinstallation gewesen – beispielsweise bei Rohrverbindern, Ventilkörpern, Wasserführungen und Schlauchanschlüssen. Doch durch den Kostendruck, Aspekte der Herstellbarkeit, immer komplexere Geometrien und nicht zuletzt die Frage der Eignung in Bezug auf die verschärfte Trinkwasser-Gesetzgebung würden auch alternative Werkstoffe nachgefragt.
Der Werkstoffexperte Michael Scharf, Wieland-Werke AG, gab den Forumsteilnehmern einen Überblick über laufende Normierungsverfahren im Bereich der Sanitär-Werkstoffe in Deutschland und Europa. Maßgeblich seien insbesondere das CEN TC 133 auf dem Gebiet der Rohformen, des Halbzeugs und der Gussstücke aus Kupfer bzw. Kupferlegierungen sowie das CEN TC 156 zur Korrosion von Metallen und Legierungen. Hier werde derzeit laut Michael Scharf die Entzinkungstest-Normung überarbeitet. Aktuell würden insbesondere die rechtlichen Änderungen der Trinkwasser-Gesetzgebung in den entsprechenden Normen berücksichtigt, u.a. auch in der DIN EN 12163 „Anwendung von Stangenmaterial“ in Bezug auf den Aspekt „Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser“. In der DIN EN 12861, der sogenannten „Schrottnorm“ würde unter anderem aktuell geregelt, wann Schrott als Abfall und wann als Produkt gilt. Des Weiteren würden die Begriffsdefinitionen an die EU-Regelwerke angepasst. Fazit des Experten: Die Werkstoffnummern von Halbzeugen aus Knetlegierungen für Trinkwasseranwendungen bleiben erhalten, werden jedoch um das wichtige Kürzel „DW“ für „Drinking Water“ ergänzt. Bei Gusswerkstoffen erhalten die Trinkwasserlegierungen neue Werkstoffnummern.
Zum Abschluss der fachlichen Vortragsreihe stellte Geert Van den Abbeele, Sanha GmbH & Co. KG, die aktuellen Ergebnisse der Langzeit-Korrosionstests im Auftrag der GMS e.V. vor. Er berichtete über die Testreihen für die drei Sanitärwerkstoffe CW 511 L, CW 626 N und CW 725 R als mögliche Nachfolge-Werkstoffe für CW 602 N, das nicht mehr verwendet werden darf. Dabei werden die Materialien vom unabhängigen Institut IKS Dresden im Wasserwerk Dessau Ost auf ihre Entzinkungsbeständigkeit hin geprüft – in einem besonders aggressiven, entzinkungsfördernden Trinkwasser. Die aktuell ausgewerteten Ergebnisse des 104-Wochen-Tests zeigen laut Geert Van den Abbeele im Vergleich zu den 52-Wochen-Tests, dass nur noch der Werkstoff CW 725R den Vorgaben der GMS entspricht. Die anderen beiden Werkstoffe seien deshalb als Konsequenz von der GMS-Werkstoffliste entfernt worden. Der Sanha-Vertreter kündigte für den Zeitraum 2015 bis 2017 weitergehende Untersuchungen mit CW 511 N im Vergleich mit CW 602 N und CW 725 R an, um mehr über die Eigenschaften der Werkstoffe zu erfahren.