Exklusiver Onlinebeitrag: Schallabsorption im European XFEL Zentralgebäude

Röntgenlaserblitze in Hamburg

Zwischen Hamburg Bahrenfeld und der schleswig-holsteinischen Stadt Schenefeld entsteht mit dem European XFEL derzeit die längste Röntgenlichtquelle Europas. In der 3,4 km langen Anlage unter der Erde werden in Zukunft hochintensive Röntgenlaserblitze erzeugt und erforscht. Das Forschungs­zentrum mit Experimentierhalle und Messstationen bietet zukünftig Platz für internationale Forschungsgruppen, die mit den Röntgenlaserblitzen arbeiten. Einer angenehmen Arbeitsatmosphäre wird mit einer zentralen Lüftungsanlage Rechnung getragen, die für eine gesunde Raumluftqualität sorgt. Der Aspekt des Schallschutzes spielt hierbei eine wichtige Rolle.

Rund 350 Personen werden im u-förmigen Bürogebäude des European XFEL tätig sein. Die Abkürzung XFEL steht in diesem Kontext für X-Ray Free-Electron Laser oder Röntgenlicht-Freie-Elektronen-Laser. Kurzwellige, laserlichtartige Blitze im Röntgenbereich, die milliardenfach heller sind als herkömmliche Röntgenquellen: Atomare Details, dreidimensionale Aufnahmen aus dem Nanokosmos sowie chemische Reaktionen lassen sich mit dem European XFEL untersuchen. Größter Partner der neuen internationalen Forschungseinrichtung ist das Forschungszentrum DESY.

In einem Beschleuniger werden Elektronen auf hohe Energien gebracht und dann – mithilfe von Magnetfeldern – dazu angeregt, Röntgenlaserblitze zu erzeugen. Die Anlage befindet sich zu großen Teilen in Tunneln, die zwischen 6 m und 38 m unter der Erde liegen. An den drei Standorten DESY-Bahrenfeld, Osdorfer Born und Schenefeld befinden sich oberirdische Gebäude mit Zugängen. In der großen unterirdischen Experimentierhalle unter dem European XFEL-Zentralgebäude  in Schenefeld werden Wissenschaftler mit den intensiven Röntgenlaserblitzen experimentieren. Die Halle hat eine Grundfläche von 4.500 m2 und eine Tiefe von 15 m. Hier münden die fünf Tunnelröhren in das Gebäude. Darüber befindet sich das dreigeschossige Hauptgebäude mit Büros, Labors, Werkstätten, Seminarräumen und einer Fachbibliothek.

Die zentrale Lüftungsanlage für das U-förmige Gebäude wurde auf dem Dach positioniert. Von dort aus erfolgt die kontrollierte Belüftung der Büros über ein Kanalsystem.

 

Hohe Schallschutzanforderungen

Die Anforderungen an den Schallschutz sind in Büros besonders hoch. Denn nicht nur Telefongespräche, Tastaturgeklapper oder arbeitende Drucker und Kopierer können das konzentrierte Arbeiten, insbesondere bei wissenschaftlichen Tätigkeiten, erheblich beeinträchtigen. Auch Geräusche, die durch Lüftungsanlagen oder Luftströme verursacht werden, sind nicht zu unterschätzen. Zum Schutz vor hohen Lärmpegeln heißt es in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV): „In Arbeitsstätten ist der Schalldruckpegel so niedrig zu halten, wie es nach Art des Betriebes möglich ist.“ Und ferner fordert die VDI Richtlinie 2058 den Richtwert von 55 dB(A) für überwiegend geistige Tätigkeiten. Daher gilt es innerhalb von Büroräumen geeignete Schallschutz-Maßnahmen zu treffen, um störende Geräusche durch Lüftungsanlagen sicher ausschließen zu können.

 

Gedämmte Lüftungskanäle

Beim Bau des Gebäudes entschied man sich für „Ursa Air“-Mineralwolleplatten als Alternative zum zusätzlichen Einbau von Schalldämpfern und der aufwendigen Dämmung der Lüftungskanäle. Aus den Mineralwolle-Dämmplatten lassen sich bereits gedämmte Lüftungskanäle erstellen, die die auftretenden Strömungsgeräusche im Kanalsystem absorbieren und einen erhöhten Schallschutz bieten. Auch komplizierte Kanalgeometrien lassen sich aus den Platten problemlos erstellen.

 

Wirksamer Schallschlucker

Die mehrschichtig aufgebauten Dämmplatten besitzen einen hohen Schallabsorptionsgrad von αw=0,80. Das heißt, dass 80 % des Schalls vom Material absorbiert beziehungsweise aufgenommen werden. Der Kanal wirkt daher wie ein langer Schalldämpfer und verbessert damit die Akustik im Gebäude. So steigert er letztlich auch die Leistungsfähigkeit der Menschen. Ein Gutachten, durchgeführt von Müller BBM, zeigt, wie hoch die Einfügungsdämpfung der Kanäle ist.

Das Einfügungsdämpfungsmaß eines Kanals mit den Maßen 400 x 600 mm bei z.B. 1000 Hertz liegt bei rund 9 dB/m Kanallänge. Mit diesem Nachweis kann der Planer einerseits den Einsatz von Schalldämpfern reduzieren, was wiederum die Effizienz der Anlage erhöht, oder andererseits die Schalldämmung weiter verbessern und somit gute Arbeitsbedingungen schaffen. Zudem wird die Schallübertragung von Raum zu Raum über das Lüftungssystem wirksam unterbunden, so dass etwa Gespräche oder Veranstaltungen nicht über das Lüftungssystem im gesamten Gebäude zu hören sind.

 

Anforderungen an den baulichen Brandschutz

Ein weiterer Aspekt beim Bau des Gebäudes war der Brandschutz: Die eingesetzten 25 mm starken Dämmplatten „Ursa Air Zero A2“ sind nach DIN EN 13501-1 der Klasse A2-s1, d0 zugeordnet und als nicht brennbar klassifiziert. Damit können alle Anforderungen hinsichtlich des Brandschutzes gemäß Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie eingehalten werden.

 

Schnelle Verarbeitung

Für die Verlegung der Lüftungskanäle in den Büroetagen ist die Firma Cofely mit ihrem Subunternehmen Kupke + Partner zuständig. Auf der Baustelle werden insgesamt 1.870 m2 Mineralwolleplatten „Ursa Air“ verarbeitet. Kanal und Dämmung werden dabei in nur einem Arbeitsschritt erstellt. Gegenüber konventionellen Blechkanälen hat das System zwei weitere Vorteile. So verfügen die Platten über ein sehr geringes Gewicht. Dadurch kann man schlankere Abhängungen verwenden und auch größere Kanalstrecken zusammenbauen und dann montieren. „Das macht auch die Montage unter der Decke einfacher – durch das geringe Gewicht sind sie leichter zu transportieren und zu montieren. Da man die Kanäle auf der Baustelle herstellt, lassen sich zudem unkompliziert Anpassungen vornehmen, wo dies nötig ist, wenn sich die Pläne als ungenau herausstellen“, erklärt Marko Mettasch von Kupke + Partner. Zudem kann das Material platzsparend auf Paletten zur Baustelle geliefert werden. Aufwendige Logistikmaßnahmen für die Anlieferung und Lagerung von Blechkanälen entfallen damit. Die Kanäle werden abhängig vom Bautenstand hergestellt und montiert.

 

Formenvielfalt

Die Montage vor Ort kann schnell und zeitsparend umgesetzt werden. Mit den Systemwerkzeugen des Herstellers sind die Dämmplatten in kürzester Zeit zu Lüftungskanälen zusammengebaut. Das Konstruktionsprinzip basiert auf einer einfachen Falttechnik, die mithilfe von unterschiedlichen Schnitten ermöglicht wird. Dabei wird zunächst die zu fertigende Kanalgeometrie auf der Platte aufgezeichnet und zugeschnitten. Möglich sind neben einfachen Kanalformen auch T-Stücke, Bögen oder Abzweige. Ein Vorteil, der das System sehr flexibel macht. In einem nächsten Schritt wird die Platte gefaltet und die zu schließenden Seitenwände mit einem Tacker fixiert. Danach erfolgt die dauerhaft luft- und dampfdichte Verklebung mittels eines Aluminiumklebebandes. Durch einen maschinell vorgefertigten Innen- und Außenfalz lässt sich der erstellte Kanalabschnitt wärmebrückenfrei mit anderen Kanalstücken verbinden.

 

Dichtheit und Hygiene

Auch für den späteren Betrieb der Lüftungsanlage wirken sich die Kanäle vorteilhaft aus: Sie haben in der Standardausführung die höchste Dichtheitsklasse D und übertreffen so die Mindestanforderungen der DIN EN 13779 an die Dichtheit von Lüftungskanälen. Die hohe Dichtheit kommt sofort der Anlageneffizienz zugute, da Druckverluste reduziert und damit Energie gespart wird. Zugleich führt die extreme Dichtheit zu einer höheren Hygiene in den Kanälen und folglich zu einer besseren Raumluftqualität. Dank des Hightech-Oberflächengewebes auf der Innenseite der Platten erfüllen sie zusätzlich die spezifischen hygienischen Anforderungen der VDI 6022. Das Vlies im Kanalinneren ist sehr dicht gewebt und damit besonders widerstandfähig. Es bietet Schmutzpartikeln keine Chance haften zu bleiben und Bakterien keinerlei Nährboden. Das sorgt für einwandfreie hygienische Bedingungen im Lüftungskanal. Eine Reinigung ist problemlos möglich.

 

Außenseitig trägt eine qualitativ hochwertige und verstärkte Aluminiumkaschierung zur Stabilität und zum Schutz des Kanals bei. Gleichzeitig verhindert sie Tauwasserausfall und Kondensatbildung.

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