Kommentar
Unternehmerisches Handeln braucht VerlässlichkeitUnserem Land geht es gut, die Konjunktur ist stabil, unsere Branche steht trotz einzelner Probleme im Ganzen gut da. Wir könnten schon fast ein Loblied auf die Politik anstimmen – aber halt, auf welche Politik?
Auf die Politik der Vergangenheit, die die Rahmenbedingungen für unsere jetzige, recht komfortable Lage gesetzt hat, oder auf die heutige Politik, die ankündigt und doch meist abwartet?
Zusammenführen des Energieeinsparrechts
Bereits 2013 war im Koalitionsvertrag für die 18. Wahlperiode vereinbart worden, die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) abzugleichen. Anfang 2017 lag dann endlich ein Gesetzentwurf vor, der das Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die EnEV und das EEWärmeG zusammenzuführen und vereinfachen sollte – er schaffte es jedoch nicht einmal bis ins Kabinett. Auch im aktuellen Koalitionsvertrag wurde vereinbart, ein entsprechendes Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu schaffen. Ein erster Entwurf sollte bereits im Juli 2018 öffentlich vorliegen und Anfang September 2018 sollte das GEG vom Bundeskabinett beschlossen werden. Bis Oktober lag noch immer kein Entwurf vor, eine Kabinettsbefassung war nicht vorgesehen. Das GEG sollte nicht nur EnEG, EnEV und EEWärmeG zusammenführen und vereinfachen, sondern auch die Vorgaben der europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) aus dem Jahr 2010 umsetzen. Inzwischen wurde die EU-Gebäuderichtlinie novelliert – davon wird sich aber im GEG noch nicht viel wiederfinden. Das bedeutet: Nachdem das GEG dann irgendwann einmal in Kraft getreten sein wird, muss es auch schon wieder novelliert werden. Es stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, zunächst den Niedrigstenergiegebäudestandard mit einer Verordnung festzusetzen. Dieser Standard muss für öffentliche Gebäude bis zum 1. Januar 2019 festgelegt werden, anderenfalls droht Deutschland ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Für die Ausarbeitung des GEG könnte man sich dann zwei Jahre Zeit nehmen, in denen ein Gesetz erarbeitet wird, das zu einer wirklichen Vereinfachung im Energieeinsparrecht führt und das auch die Vorgaben der aktuellen EPBD berücksichtigt.
Steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung
Auch die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung sollte bereits in der 18. Legislaturperiode eingeführt werden. Bekanntlich kam sie dann doch nicht zustande. Nun findet sie sich zusammen mit dem sogenannten Baukindergeld und der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau im Koalitionsvertrag für die 19. Wahlperiode. Allerdings wurde für alle drei Maßnahmen die Summe von nur zwei Milliarden Euro für den Zeitraum 2018 bis 2021 angesetzt – ein Betrag, der wohl schon allein für das Baukindergeld nicht reichen wird. Ob die steuerliche Förderung in dieser Wahlperiode noch kommen wird, steht in den Sternen.
Ankündigungen sorgen für Unsicherheit
Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz sollte bereits in einem „100-Tage-Gesetz“ geändert werden – nach über 200 Tagen im Amt hatte sich das Bundeskabinett immer noch nicht mit dem nun „Energiesammelgesetz“ genannten Vorhaben befasst. Unklar ist auch, welche Maßnahmen zum Erreichen der Klimaschutzziele 2030 führen sollen und ob diese Maßnahmen im geplanten Klimaschutzgesetz verankert werden. Weiterhin ist nicht geklärt, wer diese Maßnahmen erarbeiten soll: das Aktionsbündnis Klimaschutz, eine Gebäudekommission, die Fachabteilungen der beteiligten Bundesministerien? Und was verbirgt sich hinter der Aussage von Bund, Ländern und Kommunen beim Wohngipfel 2018 im Bundeskanzleramt: „Wir begrenzen die Kosten für moderne Gebäudetechnik – sowohl in der Anschaffung als auch im Betrieb“?
Fazit: Klarheit tut not
Wir wissen zurzeit leider nicht, was auf uns zukommt: Kommen die erwarteten Gesetzesnovellen, gelten schon bald ganz neue Rahmenbedingungen oder bleibt doch alles beim Alten?
Wie vermutlich die gesamte Industrie wünscht sich unsere Branche von der Politik vor allem Klarheit und Verlässlichkeit: Strukturierte Gesetzgebungsprozesse, die den unterschiedlichen Interessen Rechnung tragen und am Ende politische Entscheidungen, die den Unternehmen Rechtssicherheit geben.
Eine verlässliche Wirtschaftsordnung ist die Voraussetzung dafür, dass arbeitsteiliges unternehmerisches Handeln auf Dauer funktionieren kann – dies gilt genau wie im ganz Großen auch für die kleinteiligen Investitionsentscheidungen, die für weite Teile unserer Branche existenziell wichtig sind. Diese Entscheidungen dürfen eben nicht von politischen Unwägbarkeiten aufgehalten werden.
Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.