Mehr als Nachhaltigkeit gefordert
Ende Juli 2011 erfolgte in der Parkstadt Schwabing der symbolische erste Spatenstich für den Bau eines Bürogebäudes, das nicht nur in München neue Maßstäbe in punkto Nachhaltigkeit setzen soll. Die Hubert Haupt Immobilien Holding errichtet das „NuOffice“ am westlichen Ende der Domagkstraße in drei Bauabschnitten mit je 11 000 m2.
Von Anfang an setzten die Entwicklern darauf, dass LEED-Zertifikat in Platin zu erreichen, um den eigenen Ansprüchen zu genügen. Inzwischen hat sich das Konzept „NuOffice“ verselbstständigt – und hat damit einen Standard jenseits von „Platin“ erreicht. Hubert Haupt erklärt dazu: „Unter anderem haben wir uns die Erreichung der Energieziele der so genannten „2000 Watt-Gesellschaft“ (Anmerkung: ein energiepolitisches Modell, das im Rahmen des Programms Novatlantis an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich entwickelt wurde) für die Erstellung und den Betrieb unserer Gebäude vorgenommen – und diese beschreiben immerhin das Energieziel der Bundesregierung für die Jahre 2050 bis 2100.“
Das künftige „NuOffice“ soll mit seiner Fertigstellung die Messlatte der 2000 W-Gesellschaft für den Primärenergiebedarf deutlich unterschreiten, wobei der Anteil der nicht erneuerbaren Energien sogar nochmals bedeutend geringer sein wird. Möglich wird dies zum Beispiel durch Grundwassernutzung zum Heizen und Kühlen, Wärmedämmung in Passivhausqualität und durchgehende Dreischeiben-Isolierverglasung. Das Licht-,
Lüftungs- und Kühlkonzept sorgt für einen geringen Stromverbrauch. Eine PV-Anlage auf dem Gebäudedach ergänzt das energetische Konzept.
Zur Umsetzung des ambitionierten Vorhabens wurden in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut umfangreiche Gebäudesimulationen erstellt.
So wurde zum Beispiel der Anteil der Fensterflächen in Bezug auf den Wärmeverlust im Winter, die Wärmeeinstrahlung im Sommer und die Lichtausbeute optimiert. Für die Beheizung und Kühlung des Gebäudes wird eigens eine Maschine gebaut, die im Handel bislang nicht erhältlich ist. In Zusammenarbeit mit den Ingenieurbüros BBS aus Hallbergmoos und Graf aus Pfarrkirchen wurden die Betriebsvorgänge eingehend untersucht und optimiert, um den Stromverbrauch auf ein Minimum zu senken. Und letztlich mussten die Architekten um Falk von Tettenborn aus München zahlreiche Varianten planen, bis die Gebäudestruktur ein Höchstmaß an Flexibilität, Effizienz und Variabilität garantierte.
Zertifizierung ist nicht das Maß aller Dinge
Bislang galten Zertifizierungen als ein Gradmesser für die Nachhaltigkeit eines Gebäudes. Bei Hubert Haupt sah man aber, dass trotz höchster Nachhaltigkeitsauszeichnungen Gebäude leer standen, ein Widerspruch in sich. Als Konsequenz setzte man sich bei „NuOffice“ in wichtigen Teilbereichen selbst strengere Vorgaben. Das Projekt hat nach Angaben der Hubert Haupt Immobilien Holding das Potential, vom „Prototyp“ zum „Serienmodell“ werden zu können. „Der entscheidende Unterschied liegt im System“, erklärt Michael Lentrodt, Leiter der Projektentwicklung bei Hubert Haupt, „und zwar bei der Bewertung der Nachhaltigkeit.“ Bisher gängige Bewertungssysteme lassen zu, dass nicht ausreichend vorhandene Grundmerkmale eines nachhaltigen Gebäudes durch das Vorhandensein von anderen – für die Nachhaltigkeit weniger bedeutende – Merkmale kompensiert werden können. Für das „NuOffice“ ist die Erfüllung aller fundamentalen Kriterien jedoch unverzichtbar. Sind sie nicht gegeben, ist die Immobilie nicht wirklich nachhaltig und somit kein „NuOffice“. Schon während der Planung wird konsequent die Sichtweise der späteren Nutzer und Bestandshalter eingenommen und umgesetzt. So wird für das „NuOffice“ eine Nebenkosten-Flatrate angeboten: Bis zu zehn Jahre lang sind die Kosten für Heizung, Wasser und Strom auf 2,50 € /m2 je Monat festgeschrieben!
Eine neue Bürokultur
Das Prinzip „NuOffice“ ist dem des Bauens an sich vergleichbar: Ein Stein wird auf den anderen gesetzt; fehlt ein Baustein, kann – bildlich gesprochen – nicht weiter gebaut und das Ziel echter Nachhaltigkeit nicht erreicht werden. Das Fundament jeder Nachhaltigkeit bildet die Befriedigung der Grundbedürfnisse, also Wärme-, Kälte- und Wetterschutz sowie die grundsätzliche funktionale Eignung – in diesem Fall als Bürogebäude. Auf der nächsten Stufe müssen Kriterien wie Statik, Brandschutz, Kostensicherheit, Drittverwendungsmöglichkeit, Flexibilität, ein guter Standort, geringe Unterhaltskosten, Qualität und Wertstabilität optimal erfüllt werden. Es folgen Aspekte wie Verkehrsanbindung, flexible Größe der Mieteinheiten, Flächeneffizienz, Energieeffizienz, Schallschutz, Kühl- und Lüftungskonzept sowie eine optimale Gebäudestruktur. Erst wenn alle diese Kriterien erfüllt sind, spielen Punkte wie Behaglichkeit, Design, Primärenergie, CO2-Footprint, Zertifizierung, Art der Energieerzeugung, Lebenszykluskosten und Ökologie eine Rolle.
Erster Großmieter gefunden
Estée Lauder Companies GmbH, die deutsche Tochter des internationalen Beauty-Konzerns, hat knapp 5000 m2 angemietet. Stefan Galluzzi, Vertriebsleiter der Hubert Haupt Immobilien Holding, freut sich: „Dass ein Mieter wie der Estée Lauder-Konzern sich für das „NuOffice“ entschieden hat, zeigt, dass wir ein Konzept auf den Weg gebracht haben, dass auch sehr hohe Ansprüche befriedigt.“