Ingenieurpreis 2013 verliehen

„Ingenieure gestalten Zukunft“

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann und der Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, haben den mit 10.000 € dotierten Ingenieurpreis 2013 verliehen. Das Thema des Ingenieurpreises 2013 lautete „Ingenieure gestalten Zukunft“. Das Münchner Büro von Prof. Dipl.-Ing. Christoph Ackermann und das Ingenieurbüro Bamberger aus dem Landkreis Eichstätt erreichten mit ihren Projekten je einen ersten Platz; Platz drei geht an das Ingenieurbüro Gisela Raab für ihr nachhaltiges Wohnkonzept in Oberfranken. Zudem gibt es zwei Lobende Erwähnungen.

Die Preisverleihung erfolgte traditionell im Rahmen des Bayerischen Ingenieuretags der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau (www.bayika.de). Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau vergibt alle zwei Jahre den Ingenieurpreis an besonderes herausragende Projekte aus den verschiedenen Fachgebieten von Ingenieuren im Bauwesen. Kammerpräsident Dr.-Ing. Heinrich Schroeter erklärt: „Mit dem Ingenieurpreis 2013 würdigt die Kammer innovative technische Ingenieurleistungen. Diese vereinen Funktionalität, Wirtschaftlichkeit und Innovation bei der Planung, Errichtung und Nutzung. Durch den Preis machen wir das kreative Potential der bayerischen Ingenieure im Bauwesen für die Öffentlichkeit sichtbar.“ Bei der Beurteilung der eingereichten Objekte standen für die Jury die Originalität und Kreativität, Innovationskraft sowie die Nutzung neuer Technologien im Mittelpunkt.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sagte: "Mit unseren Bau- und Infrastrukturprojekten stellen wir heute die Weichen für morgen. Energieeffizientes und ressourcenschonendes Planen und Bauen, die Nachhaltigkeit beim Bau und Betrieb von Straßen und Gebäuden und die demografischen Veränderungen zählen zu unseren wichtigsten Handlungsfeldern."

 

Die Preisträger:

1. Preis: Prof. Dipl.-Ing. Christoph Ackermann, Beratendes Ingenieurbüro für Bauwesen, München, für das Solardach des Carports des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM)

Das im November 2011 fertiggestellte Solardach des Abfallwirtschaftsbetriebes München (AWM) überdacht die bereits bestehende zweigeschossige Stahlbetonkonstruktion mit jeweils ca. 70 Stellplätzen für die städtischen Müllfahrzeuge. Der Wiederaufbau war mit der Auflage verknüpft, ein anspruchsvoll gestaltetes Tragwerk mit wirtschaftlichen Folgekosten für den Betrieb und den Unterhalt zu entwerfen und dem Wunsch nach einer zusätzlichen, solaren Nutzung der ca. 9400 m2 großen Dachfläche. Das Tragwerk wurde in enger Abstimmung mit den Fachingenieuren entwickelt. Auf Dreigurtbindern liegen räumlich unterspannte Bögen auf, die die Solarkissen tragen. Die Stützen sind gelenkig auf der bestehenden Stahlbetonkonstruktion gelagert. Der Kraftfluss ist im Tragwerk ablesbar, Druck und Zugkräfte werden durch die Querschnittswahl sichtbar gemacht.

In die Solarkissen sind Photovoltaikelemente integriert. Auf einer 100 μm starken Folie (100 μm entsprechen in etwa dem Durchmesser eines menschlichen Haares) werden die flexiblen, amorphen Dünnschichtzellen schwimmend aufgehängt und somit vor Witterungseinfluss geschützt. Die Zellen können kissenweise ausgetauscht werden. Sie gewährleisten auch den Sonnenschutz, da sie die Parkfläche verschatten. Bei der Planung wurde streng darauf geachtet, dass durch additive Systeme die einzelnen Elemente und Bauteile ausgetauscht werden können und im Falle des Rückbaus materialgerecht recycelt und somit dem Wertstoffkreislauf wieder zugeführt werden können.

Der Beitrag wurde in den Kriterien der Auslobung hoch bewertet. Die ansprechend gestaltete Überdachung zeigt Originalität und Kreativität. Die Ingenieurleistung und Innovation sowie Ressourcenmanagement und Umweltverträglichkeit wurden durch den Einsatz der sehr leichten Kissen aus selbstreinigender, recycelbarer ETFE-Folie als Sekundärtragwerk, den witterungsgeschützten Einbau der Photovoltaikelemente im Inneren der Kissen und das konsequent filigrane Primärtragwerk erreicht. Funktionalität und Praxistauglichkeit sind ebenso optimal wie die Nutzung erneuerbarer Energien durch den Einsatz der Photovoltaikelemente.

 

1. Preis: Dipl.-Ing. Walter Bamberger, Ingenieure Bamberger GmbH und Co KG, Pfünz, mit der Ausstellungsbeleuchtung der Galerie im Lenbachhaus in München

Die Idee und Umsetzung der komplexen Lichtsteuerung bietet mit der bedienerfreundlichen Benutzeroberfläche den Kuratoren die Möglichkeit, das Lichtmilieu auf die Erfordernisse der jeweiligen Exponate individuell abzustimmen – und zwar ohne Umbau der Beleuchtungsanlage und Wechsel der Leuchtmittel. Es lassen sich sechs Szenen aus den voreingestellten 91 Kombinationen von Helligkeit und Farbtemperatur vor Ort mit einem Tablet-Computer ohne spezifische Fachkenntnisse konfigurieren. Die Lichtsteuerung überwacht außerdem die Wärmeentwicklung der LEDs und meldet eine Überschreitung festgelegter Grenzwerte automatisch an das Tableau in der Technikzentrale. Zudem steuert sie im Hintergrund dem Abtriften der Farbwiedergabe bei unterschiedlichen LED-Betriebstemperaturen entgegen.

Das so erzeugte Licht entspricht dann der Anmutung und Farbigkeit des Gemäldes, d.h. der Betrachter nimmt das Bild mit den Farben, dem Glanz, der Oberfläche und der Struktur annähernd so wahr, wie es sich der Maler vorgestellt hat. Außerdem kann mit der Farbtemperatur die Farbigkeit des Objektes noch stärker unterstützt werden. Damit konnte ein neuer Qualitätsstandard der musealen Beleuchtung erreicht werden.

Für den LED-Einsatz spricht zudem die hervorragende Energieeffizienz - ca. ein Drittel des Leistungsbedarfs herkömmlicher Leuchtstofflampen. Die erwartete Einsatzzeit von 50.000 Betriebsstunden liegt etwa 14 Mal über der von Leuchtstofflampen. Hinzu kommt die exzellente Farbwiedergabe, so dass auch gesättigte reine Farben naturgetreu wiedergegeben werden.

In den historischen Flügelbauten sind die Leuchten in den umlaufenden Vouten platziert. Im ersten Obergeschoss des Neubaus erhellen Lichtdeckenfelder die Ausstellungsräume. Im darüber liegenden Dachgeschoss fällt Tageslicht durch Oberlichter in die Galerieräume. Shed-Leuchten projizieren ihr Licht in die gewölbte Deckenfläche. Dabei sind die Kühlsysteme zur passiven Kühlung der LEDs entsprechend optimiert, auch im Zusammenspiel zwischen Leuchte, Deckenkonstruktion und Klimatisierung des Raumes.

 

3. Preis: Dipl.-Ing. (FH) Gisela Raab, Raab Baugesellschaft mbH & Co. KG, Ebensfeld, mit ihrem Projektbau der zertifizierten Wohngesundheit, Bad Staffelstein

Die Planung und Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses, das geeignet ist für Menschen, die an multipler Chemikalienunverträglichkeit (MCS) leiden, ist ein herausragendes Beispiel für baubiologisches und ökologisches Bauen.

Jeder verwendete Baustoff wurde vor dem Einbau auf relevante Schadstoffemissionen geprüft und alle am Bau beteiligten Handwerker mussten sich einer eigens organisierten und entsprechenden Schulung unterziehen.

Wohngesunde Materialien, ein überzeugendes Energiekonzept mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe und dezentraler Wärmerückgewinnung, Elektrosmogabschirmungen im Dachaufbau und die Qualität der besonders schadstoffarmen Innenraumluft machen das Projekt - insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Zahl an Allergikern - zu einem zukunftsfähigen Vorbild im Wohnungsbau.

In Verbindung mit einer hoch effizienten Sole-Wasser-Wärmepumpe mit fünf vertikalen Bohrungen und Flächenheizung sowie dreifach verglasten Fenstern erreicht das Gebäude die KfW 55 Effizienzhaus-Kriterien und damit niedrigste Energiekosten bei hoher Förderquote. Eine dezentrale kontrollierte Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung bis zu 90 % trägt nochmals das ihre zum Energiesparen und gleichmäßigen Durchlüften der Wohnungen bei.

Beispielhaft hat die Ingenieurin es verstanden, alle am Bau Beteiligten zusammenzubringen und so ein nachhaltiges gesundes Konzept entwickelt und umgesetzt.

 

Lobende Erwähnungen  gab es für Dipl.-Ing. Peter Voland, SSF Ingenieure AG, München, mit dem Neubau des Bayerischen Zentrums für Angewandte Energieforschung e. V. (ZAE Bayern) in Würzburg

 

Das Gebäude des ZAE Bayern ist als Demonstrations- und Experimentiergebäude konzipiert, an dem verschiedene neuartige Entwicklungen im Gebäudebereich unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten erprobt und dargestellt werden können. Das Gebäude beinhaltet Büroräume, Labor- und Technikumsräume sowie die entsprechende Infrastruktur für Forschungsaktivitäten des ZAE Bayern in Würzburg. Weiterhin werden ein Veranstaltungsraum und ein Infocenter integriert, welcher aktuelle Forschungs- und Entwicklungsergebnisse erläutert. Die Idee, das Gebäude selbst als Objekt des Wissenstransfers zu nutzen und in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen, hat sich schon in anderen Instituten als herausragende Lösung erwiesen. Dass dieses Konzept auch hier zum Tragen kommt, ist den Juroren ein großes Anliegen, so dass die Belobigung mit dem Hinweis auf die Interdisziplinarität, und somit auf die zu ergreifenden Chancen einer nachhaltigen und innovativen Nutzungsform erfolgt.

Eine weitere lobende Erwähnung ging an Dipl.-Ing. Norbert Nieder, IB Konstruktionsgruppe Bauen AG, Kempten, mit der Talbrücke Enzenstetten, Seeg

Die Anforderungen von Baumaßnahmen in FFH-Gebieten sind äußerst schwierig. Bei diesem Bauwerk ist es gelungen, die infrastrukturellen Ansprüche mit den Notwendigkeiten des Natur- und Artenschutzes weitestgehend auszugleichen. So konnte das Schutzgebiet des Enzenstettener Brunnenmooses von den Einflüssen der Baustelle und des Betriebs der Autobahn A7 freigehalten werden. Es wurde ein schlanker Überbau gewählt; die Stützen wurden zur Reduzierung der Stützweiten V-förmig ausgeführt und die Stützweiten nach der Höhe der Gradiente variiert, um die Überbauhöhen der Höhe über Gelände anzupassen.

Durch die Anordnung der Lager am Fußpunkt der Stützen in Zusammenhang mit dem biegesteifen Anschluss der Stützen an den Überbau konnten größere Stützweiten zum Schutz des Feuchtgebiets erreicht werden. Damit sind die Lager für die Bauwerksprüfung ohne besonderen Aufwand zugänglich. Durch diese Konstruktion ergeben sich größere Lagerwege als üblich, die durch Einsatz spezieller Materialien beherrschbar wurden.

Eine Belobigung erhält der Ingenieur mit dieser Brücke auch deshalb, da die Funktionalität und Praxistauglichkeit des Bauwerks den Bewertungskriterien in besonderer Weise Rechnung tragen.


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